Ente am Ende
Heute wird abgerechnet
Samstag, 12. Oktober 2013, 15:55

Im Mai 1983, kurz bevor ich 16 wurde (s.u.) und die LP "Opel Gang" herauskam, war ich auf der Kiefernstraße im Nix Da (heute AK47; Fassungsvermögen: unter hundert) bei meinem ersten Tote-Hosen-Konzert, damals mit zwei anderen Bands (den schnauzbarttragenden Kanzlers aus Duisburg und den Kranken Jungs aus dem Keller nebenan) für drei Mark, und war begeistert.

Schon drei oder vier Jahre später kam ich zufällig am Tor 3 vorbei (Fassungsvermögen: über tausend) und fragte mich, zu welchem Konzert die ganzen betrunkenen Halbwüchsigen in Vanilia-Klamotten wohl wollten; ich hätte auf Modern Talking oder so einen Scheiß getippt, aber es stellte sich heraus: es waren die Hosen, die zweimal hintereinander ganz alleine den Laden ausverkauft hatten (Eintritt: über 20 Mark), und da hatte ich schon ein irgendwie komisches Gefühl...

Heute lese ich in der RP: Triumphales Konzert der Toten Hosen in der natürlich auch gleich zweimal hintereinander ausverkauften "Esprit-Arena" (ehemals "LTU-Arena", an der Stelle vom alten Rheinstadion; Fassungsvermögen: etliche zehntausend) für 50 Euronen pro Nase: Alle saßen da, von Kö bis Rethelstraße (...) und die Dame mit Pelzjäckchen und viel zu hohen Schuhen und frage mich, ob denn auch die Punx von der Kiefernstraße mit den viel zu bunten Lederjäckchen da gesessen haben; wohl kaum, denn (1.) sitzen die bei Konzerten meistens nicht, sondern pogen, und (2.) werden die sich diese exorbitanten Ticketpreise kaum leisten können, geschweige denn wollen.

Und wenn sogar schon die CDU-Bosse und Madame Merkel nach ihrem Wahlsieg zur (geschäftstüchtig als EM-Song 2012 kalkulierten und herausgebrachten) alternativen Nationalhymne (O-Ton RP) "An Tagen wie diesen" schwoofen und feiern, wie ja landauf und landab mittlerweile jeder Suffmichel von der Betriebsfeier bis zum Schützenfest, dann geniere ich mich stellvertretend für diesen Ausverkauf all dessen, wofür Punk in meinen Augen und Ohren einst einmal gestanden haben mag, und wünsche mir schmerzlich, ein paar Ärzte kämen als Erste bzw. Letzte Hilfe.

Der sehr beeindruckt (und etwas eingeschüchtert) dreinblickende Bursche ganz links(!) ist übrigens mein jüngeres Ich : )

senf dazu



philosophicus, 2013.10.12, 17:17

Mittlerweile sind es schon zwei Konzerte von den Toten Hosen an der Zahl, die ich mir zu Gemüte geführt habe. Beide Male im Rahmen eines mehrtägigen Festivals, deswegen der (mittlerweile auch stetig steigende) Ticketpreis von 120 Euro.
Ich muss sagen, prinzipiell waren beide Konzerte wirklich sehenswert und ich hätte sie nicht missen wollen (Einzig die vor meinem Gesicht herumwehende Fahne, die mir die Sicht auf die Bühne nahm, war lästig.), allerdings stört mich ein kleines bisschen, dass es den Eindruck macht, als wären die Hosen jedes Jahr auf einem oder mehreren besagter Festivals. Natürlich immer als Headliner, was die Auswahl, wenn der gleichzeitig auf der anderen Bühne spielende Künstler nicht des Festivalbesuchers Fall ist, erheblich einschränkt an diesem Abend.


Ich war von 1983 bis 1985 bestimmt auf mindestens einem Dutzend Hosen-Gigs, allerdings alle in ziemlich kleinen Hallen (Freizeitstätte Garath, Haus der Jugend Derendorf usw.) - diese Bombast-Nummern mag ich generell nich so (eventuell geschädigt durch die Rolling Stones im Müngersdorfer Stadion 1982). Naja, und die Hosen sind ja nun mittlerweile derartig Mainstream, dass sie mir echt aus den Ohren raushängen.
senf dazu
 

seokanzler, 2013.10.12, 23:54
Bin heute zum ersten mal auf deinem Blog. Muss sagen, spannende Beiträge. Werde öfter vorbei schauen! Vg

Merci - und ich schaue dann auch mal zurück vorbei : )
senf dazu
 
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