Ente am Ende
Beknackte Akte
Dienstag, 21. Oktober 2008, 07:33

Es war ja in der vergangenen Woche wieder viel vom Bücherherbst zu lesen und zu hören, und da will ich mich nicht enthalten, hier mit einer kleinen Rezession Rezension aufzuwarten:

   Vor knapp einem Monat und nach mehrjähriger Bauzeit wurden im schönen Düsseldorf im noch schöneren Ortsteil Bilk, den zu bewohnen ich das Vergnügen und die Ehre habe, die im Vorfeld ziemlich umstrittenen Bilker (bzw. jetzt sogar Düsseldorfer) Arcaden eröffnet, und wohl nicht zuletzt wegen ebenjener Kritik hat man dem 24.500 Quadratmeter großen Konsumtempel mit 120 Geschäften und 850 Parkplätzen, der den restlichen Bilker Einzelhandel zu erdrücken droht, neben einem Mini-Schwimmbad auch noch eine ebensolche Stadtbücherei-Filiale (hier im Bild rechts neben Kaisers noch nicht einmal zu erahnen) an die Seite geklatscht. Ebendieser stattete ich in der Eröffnungswoche einen ersten Besuch ab, und trotz meines Ärgers über die winzige (in groteskem Gegensatz zu den nebenan befindlichen Klamottenpalästen stehende) Aufstellfläche und die stark eingeschränkte (sich wohl vor allem am Rosamunde-Pilcher-Publikum orientierenden) Auswahl entlieh ich ein paar der immerhin nigelnagelneuen Bücher.

   Darunter - und hier beginnt der eigentliche Verriss - das Buch Akte Europa von dem angeblich promovierten Historiker und aber auch Ex-Fernsehmann Matthias von Hellfeld, erschienen auch schon 2006 im altehrwürdigen dtv-Verlag und immerhin vielversprechende 414 Seiten dick, welches ich alsbald zur gefälligen Lektüre mir vornahm...

   ... nur um es bereits nach der ersten Seite (ganz wie es Kader Loth - s.u. vom 15.10.2008 - mit Kafka erging) ernüchtert bis genervt wieder wegzulegen. Denn da hatte ich bereits u.a. folgende Passage lesen müssen:

   

Seit jeher sind die Europäer davon abhängig, wie die geopolitische Mitte des Kontinents organisiert ist. Das ist nicht verwunderlich, denn wer von Nord nach Süd oder Ost nach West will, muss diesen Raum durchqueren. Dessen Beherrschung scheint deshalb seit jeher ein lohnenswertes Ziel zu sein

usw.usf. - so weit, so schlecht, der Rest ist auch nicht besser.

   Was mir persönlich dabei besonders übel aufstieß, war nicht einmal die m.E. abscheuerregende Unsinnsvokabel "lohnenswert" oder der schlechte Stil (z.B. "Seit jeher ... seit jeher"), sondern die inhaltlich auch noch falsche Platitüde von der "Mitte" des Kontinents (womit ja wieder mal nur bzw. v.a. "Deutschland" gemeint sein kann, welches allerdings in den langen Zeiträumen, in denen sich hauptsächlich per Schiff fortbewegt wurde, durchaus bequem umfahren ließ... so denn auch die geopolitischen Zentren Europas für Jahrtausende eher an den Küsten, in Griechenland, Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, den Niederlanden, England und Skandinavien gelegen haben dürften).

   Nun ja. Soviel vorerst von mir zum Deutschen Bücherherbst.

senf dazu


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