Ente am Ende
Leichte und schwere Kost
Freitag, 6. Januar 2012, 17:53

Und wieder einmal erlaube ich mir, meinen ganz eigenen Reader's Digest abzusondern, meine ganz persönliche Zusammenstellung vorverdauter Lektüre also, die ich für nahrhaft (wenn auch nicht unbedingt wohlschmeckend im herkömmlichen Sinne) befunden habe:

Da wäre zunächst ein kleiner, aber feiner Artikel aus dem aktuellen SZ-Magazin, Völker in Aufruhr, eine wohltuend differenzierte Betrachtung über den sog. "Arabischen Frühling" von Jürgen Todenhöfer (oder, wie ihn Herbert Wehner selig zu titulieren pflegte, "Hodentöter"), bei dem ich mich tatsächlich frage, wieso er bei seinem glaubhaften Engagement für islamisch geprägte Länder bzw. deren Bevölkerungen und gegen die NATO-Kriege immer noch Mitglied der CDU ist...

Und dann, für all diejenigen, die über die Muße für die Langform verfügen, Die Wohlgesinnten von Jonathan Littell; ein wahrhaft monströses Buch, nicht nur wegen seines Umfangs (über 1.350 Seiten), sondern vor allem des Inhalts her: geschildert wird der Werdegang eines hochrangigen SS-Mannes zwischen 1941 (Beginn des Unternehmens Barbarossa) und 1945 (Fall von Berlin), der sowohl beim Massaker von Babyn Jar als auch in Stalingrad, in Auschwitz wie bei den Planungsstäben in Berlin dabei und aktiv beteiligt ist; wahrlich nichts für schwache Nerven (FSK: ab 21, mit einigen Bedenken), in seiner Darstellung der grotesken Bürokratie der Vernichtung aber stellenweise auch fast schon wieder witzig (naja: eher wahnwitzig); verhandelt werden u.a. auch linguistische Probleme (v.a. der Kaukasistik), Musiktheorie (u.a. sind die einzelnen Kapitel nach Tanzsätzen einer barocken Suite benannt) und eine Menge realer Personen aus den Führungskreisen des "Dritten Reiches" (am Ende beißt der fiktive Ich-Erzähler dem Führer anlässlich einer Ordensverleihung noch in die slawische oder böhmische (...) fast mongolisch-ostische Nase), aber auch seine sexuellen Obsessionen (ebenfalls harter Toback), seine fieber- und kopfschussbedingten Halluzinationen und seine durchaus interessanten existentialphilosophischen Reflexionen; das Ganze ist, soweit ich das beurteilen kann, ziemlich gut recherchiert und liest sich in der Übersetzung aus dem Französischen von Hainer Kober auch gut weg, wenn es auch (der Natur des Themas gemäß) einen sehr sehr bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

Soweit meine heutigen Lesebefehle - wegtreten!

senf dazu


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