Ente am Ende
Kein Mensch ist eine Insel...
Denkanstoß und Argumentationshilfe pro Plebiszitäre Demokratie
Samstag, 2. Februar 2013, 17:00

Nehmen wir einmal an, wir wären auf einer einsamen Insel gestrandet: zehn Personen unterschiedlichen Geschlechts und Alters mit ihren jeweils eigenen Fähigkeiten und Defiziten, die sich noch nicht besonders gut kennen und bis auf weiteres miteinander auskommen müssen.

Was würde geschehen? Vielleicht würden wir unseren Leidensgenossen erst einmal nicht über den Weg trauen und versuchen, alleine zurechtzukommen, uns eine private Parzelle abstecken und diese um jeden Preis verteidigen... Aber wahrscheinlich würden wir bald merken, dass es uns besser erginge, wenn wir nicht gegeneinander, sondern zusammen arbeiten und leben würden.

Wie sollten wir aber dann unser Miteinander organisieren? Vielleicht würden wir aus unserer Mitte einen Anführer* wählen – womöglich den weitsichtigsten und/oder selbstlosesten (bzw. wen wir dafür halten), der in Konfliktfälle dann auch gegen die Mehrheit (im Extremfall gegen alle anderen neun) entscheiden könnte? Was aber, wenn sich herausstellen sollte, dass eine seiner Entscheidungen falsch war? Dann würde er, der die alleinige Verantwortung dafür trüge, dies vielleicht so lange wie möglich nicht wahrhaben wollen – in der menschlich verständlichen Hoffnung, am Ende doch noch recht zu behalten, aber mit der unschönen Konsequenz, dass die Fehlentscheidung eben nicht so bald wie möglich revidiert würde.

Vielleicht würden wir aber auch alle jeweils anstehenden Probleme so lange diskutieren, bis eine gemeinsame Kompromisslösung feststünde – bzw. in Fällen, in denen dies aus Zeitmangel nicht möglich ist oder wenn offenbar keine Einigung erreicht werden kann, abstimmen? Dabei würden sich vielleicht am Anfang eher die Eloquentesten durchsetzen als die mit den besten Argumenten; aber im Laufe der Zeit würden wir merken, wer sich in welchen Angelegenheiten besonders gut auskennt und wessen Meinung deshalb vielleicht mehr Gewicht hat als andere. Und wenn sich eine einmal getroffene Entscheidung als Irrtum erweisen sollte, könnte sofort neu abgestimmt werden, ohne dass jemand sein Gesicht verlöre.

Nehmen wir an, Einer von uns hätte einen speziellen Besitz (mitgebracht oder gefunden) – würden wir ihm diesen zur alleinigen Verfügung überlassen oder würden wir ihn lieber gerecht aufteilen? Wenn es ein Utensil von eher persönlichem Wert wäre (z.B. ein spezielles Kleidungsstück), würde wohl kaum jemand Anspruch darauf erheben. Wäre es dagegen etwas, das allen zugute kommen könnte (etwa ein spezielles seltenes Werkzeug, sagen wir ein Messer oder eine Axt, bzw. eine Ressource, z.B. eine Kiste Konserven), würden wir wohl darauf dringen, dass der Betreffende seinen Reichtum teilt – wie ja auch alle Früchte des gemeinsamen Lebensraums und der gemeinsamen Arbeit gleichermaßen geteilt und eingeteilt werden müssten.

Wie würden wir die notwendige Arbeit aufteilen? Sollte jeder immer dieselbe Aufgabe erledigen, oder würden wir einen Modus finden, in dem jeder nach seinen jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnissen tätig werden könnte? Wer irgendetwas besonders gut oder gerne macht, könnte sich natürlich darauf spezialisieren – oder auch auf besonders unangenehme (eklige, schwere, gefährliche) Tätigkeiten, wofür er dann besonders belohnt (z.B. hinsichtlich anderer, langwieriger und monotoner, aber notwendiger Tätigkeiten geschont) werden könnte – wie ja auch jene, die krank oder schwach sind, entsprechend geschont werden müssten. Ansonsten würde aber wohl gelten: unschöne, aber notwendige Arbeiten, die keiner machen möchte, müssten von allen reihum übernommen werden.

Wie würden wir damit umgehen, wenn jemand Scheiße gebaut sich schuldig gemacht, z.B. einen Anderen verletzt hätte? Würden wir einen vorher festgelegten Strafkatalog anwenden – oder würden wir herauszufinden versuchen, wie es dazu kommen konnte und welche Wiedergutmachung angemessen und möglich wäre? Und was wäre, wenn im schlimmsten Fall keine Wiedergutmachung möglich, also z.B. jemand umgebracht worden wäre? Auch da würden wir wohl lange (und "ergebnisoffen") streiten müssen, wie wir mit solchen Fällen umzugehen hätten und vor allem vermeiden könnten, dass sie sich wiederholen.

Nehmen wir an, wir träfen nach Jahren auf einer dann doch nicht so kleinen Insel irgendwann auf eine andere Gruppe, die sich gänzlich andere, unseren widersprechende Regeln gegeben hätte – würden wir diese dann bekämpfen und ihnen unsere eigene Lebensweise aufzwingen? Oder würden wir versuchen, einander kennenzulernen und voneinander zu lernen, und ansonsten - bei unüberbrückbaren Gegensätzen - Distanz wahren und Toleranz üben?

All dies wäre Gegenstand von (zugegebenermaßen: endlosen und oft anstrengenden) Verhandlungen.

Und in welcher Situation sind wir jetzt? Geworfen auf einen einsamen Erdball zusammen mit ziemlich vielen ziemlich unterschiedlichen und ziemlich fremden Leuten. Was aber im Kleinen funktionieren könnte, sollten wir so schnell wie möglich auch weltweit umsetzen. Die technischen Voraussetzungen sind bereits gegeben; die politischen Strukturen leider noch nicht. Und was die Fähigkeit der heutigen Menschheit betrifft, sich selber zu regieren und sinnvolle Mehrheitsentscheidungen zu treffen, ist große Skepsis weit verbreitet.

Mitbestimmen kann und muss aber gelernt werden - durch tägliche Praxis!

* Bevor jetzt ein #Aufschrei ertönt: aus puren Lesbarkeitsgründen habe ich hier die generisch maskuline Form gewählt, die aber ausdrücklich beide Sexūs bezeichnen soll.

senf dazu


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