Offener Brief an Antonia Baum als Antwort auf die Glosse
"Warum in Gottes Namen?" (DIE ZEIT Nr. 11/2021, S.43)
Sehr geschätzte Antonia Baum,
Sie haben natürlich Recht. Ein "Offener Brief" ist meist der vergebliche oder vorgebliche Versuch, Augenhöhe herzustellen oder vorzutäuschen, wo eine solche nicht besteht oder auch nur bestehen könnte, und höchstwahrscheinlich werden Sie diesen meinen Brief auch nicht lesen oder auch nur zur Kenntnis nehmen.
Ich wende mich allerdings nicht in aller Pseudohaftigkeit an Sie (und in Wirklichkeit an die wenigen meiner Facebook-Kontakte, die dies vielleicht lesen werden), um zu versuchen, Ihnen irgendein Fehlverhalten nachzuweisen, sondern um das von mir geschätzte und schon öfter verwendete Genre des "Offenen Briefes" gegen die von Ihnen geforderte Abschaffung durch den Bundespräsidenten zu verteidigen. Wie sonst sollte denn ein unprominentes Normalsterbliches wie ich mit einer Berufsschreiberin wie Ihnen oder einem Berufsredner wie dem Bundespräsidenten in einen (wenn auch nur imaginierten) Austausch treten können in Zeiten von repräsentativer Demokratie und Öffentlichkeitshierarchien als durch das ur- und basisdemokratische Medium des Briefes, der mangels Kenntnis Ihrer Adresse nun eben "offen" sein muss?
Sie mögen es (ich nehme an, zumindest halbwegs ironisch) als "Schweinerei" bezeichnen, ich nenne es - im gebührend getragenen, ernsten Sound - eine menschliche Schwäche.
Hochachtungsvoll
usw.
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➥ Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
➥ Das Prinzip Permanentes Plebiszit
We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
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