Ente am Ende
Die Mär vom "linken Antisemitismus"
Donnerstag, 20. Mai 2021, 10:22

Gerne wird aus mehr oder weniger rechten Kreisen Kritik an der Politik der israelischen Regierung, und sei sie noch so sachlich und ausgewogen, pauschal als "Israel-Hass" und "Antisemitismus" verunglimpft und so nicht nur die Kritik, sondern auch die Kritikerin ins gesellschaftliche Abseits gestellt (jüngstes Beispiel: Greta Thunberg). Daher möchte ich hier darüber aufklären, warum es "linken Antisemitismus" nicht gibt und auch gar nicht geben kann.

Dazu müssen wir uns vielleicht erst einmal klarmachen, wofür die verschiedenen politischen Richtungsmetaphern eigentlich stehen:

Rechte (Konservative) stehen für einen (aus historischem Unrecht gewachsenen) Status quo, von dem sie profitieren (oder zumindest meinen zu profitieren); es sind also Besitzstandswahrer.

Rechtsextreme (Reaktionäre) stehen für einen Status quo ante, wollen also zurück zu einem Gesellschaftszustand vor irgendwelchen jüngeren Fortschritten, den sie idealisieren; sie sind also rückwärtsgewandt.

Nationalisten (Nazis) stehen für den verqueren Gedanken, dass die eigene Nation und das eigene Volk (bzw. deren Angehörige) mehr Rechte haben sollten als Andere (und sei dies auch "nur" im "eigenen" Staat).

Linke (Progressive) dagegen sind Internationalisten; sie glauben an die grundsätzliche Gleichberechtigung aller Menschen und kämpfen für Emanzipation auf allen Ebenen. Sie unterscheiden nicht nach Rassen (oder Religionsgruppen), sondern allenfalls nach Klassen (Besitzlose/Ohnmächtige/Unterdrückte/Ausgebeutete hier, Reiche/Mächtige/Unterdrücker/Ausbeuter da).

Überflüssig hoffentlich zu erwähnen, dass derlei "Klassenzugehörigkeit" relativ, veränderbar und vielschichtig ist. (Wohnungslose in der BRD sind z.B. im Vergleich zu solchen in ärmeren Ländern immer noch relativ privilegiert, wenn sie auch innerhalb des Landes zu den Bedürftigsten gehören; ein armer Schlucker kann durch eine unverhoffte Erbschaft oder einen Lottogewinn plötzlich in die Gruppe der Wohlhabenden aufsteigen usw.)

Das Schöne ist: Diese Klassengegensätze ließen sich auflösen, ohne dass dabei Menschen zu Tode kommen oder auch nur verletzt werden müssten; allenfalls einige wenige Superreiche sollten wohl ein paar Milliarden abgeben.

Zurück zum Thema: Nur wenige, die sich "links" nennen, sind so dumm, die Mär des "Finanzjudentums" (wie es gerne heute noch von vermeintlichen "Quer- oder Selbstdenkern" reproduziert wird) zu glauben. Aufgeklärte Linke wissen, dass der Hauptwiderspruch ein ökonomischer ist, und dass Menschen nach ihrem jeweiligen Handeln beurteilt und ggf. dafür kritisiert werden sollten, nicht nach ihrer Herkunft oder ihrer Staats- und/oder Religionszugehörigkeit.

Und zum Schluss eine Frage an all Jene, die das Wort "Antisemitismus" inflationär verwenden (vergleichbar mit selbsternannten, "Querdenkern", die bei jeder Corona-Maßnahme gleich "Faschismus" rufen): Ist euch schon einmal der Gedanke gekommen, dass ihr damit den tatsächlichen Antisemitismus relativiert?

senf dazu


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