Ente am Ende
Antisemitismus- vs. Postkolonialismus-Diskurs:
Noch einmal zur leidigen Grassiade
Samstag, 7. April 2012, 00:13

Das Problem an den oft so überhitzten und atmosphärisch vergifteten Debatten über Israel ist ja, dass sich immer zwei Diskurse überlagern und einander in die Quere kommen.
Da wäre zum einen die lange Geschichte der Judenverfolgung mit ihrem (hoffentlich nicht nur) bisherigen Kumulationspunkt, der Shoa, und die sich daran anschließende Erzählung von "Eretz Israel" als gelobtem Land und letztem Zufluchtsort der Juden.
Zum anderen gibt es die kaum weniger lange Geschichte der Dominanz des jüdisch-christlichen Abendlandes und seiner Vormachtstellung in der kolonialen und postkolonialen Weltordnung, in der Israel vor allem einen Verbündeten bzw. einen Brückenkopf des "Freien Westens" und der Supermacht USA im ökonomisch und geopolitisch bedeutenden "Nahen Osten" darstellt.
Auch wenn es sicherlich gute Gründe gegeben hätte, nach dem Zweiten Weltkrieg einen Judenstaat eher in einem Teil Deutschlands oder der USA einzurichten als in Palästina, ist an dem Existenzrecht Israels heute aus guten Gründen nicht zu rütteln. Das bedeutet aber auch, dass dieser Staat keine Sonderrechte beanspruchen und genießen sollte, sondern in seiner Innen- und Außenpolitik kritisiert werden darf wie jedes andere Land (bzw. dessen Regierung).
All jene, die Israel immer wieder eine Sonderrolle zugestehen und Kritik an seiner Regierungspolitik pauschal abschmettern, argumentieren genau in den Kategorien des Antisemitismus, die sie immer ihren Widersachern, oft zu unrecht, vorwerfen.
Vor allem aber wird so eine konstruktive politische Auseinandersetzung verunmöglicht und ein für Viele schwer erträglicher, für Manche aber sehr einträglicher Status Quo zementiert.
Die Logik von Drohung und Gegendrohung, Erstschlag und Gegenschlag jedenfalls wird nur immer neue Tote und Gründe für Vergeltung provozieren, wovon allein der militärisch-industrielle Komplex profitiert.

senf dazu



jotwede, 2012.04.08, 01:10
Deine letzten zwei Beiträge haben meine wirren Gedankengänge wunderbar auf den Punkt gebracht! Danke.
Entspannte Tage wünscht jwd.

Ich habe zu danken für diesen ermutigenden Kommentar und wünsche eine gute Zeit : )
senf dazu
 

txxx666, 2012.04.10, 10:10
Da sind Uri Avnery und ich offenbar einer Meinung:
Israel wolle mit denselben Maßstäben wie andere Staaten gemessen werden. "Jede Einstellung, die besagt, dass Israel eine Art Sonderbehandlung haben muss, ist antisemitisch", sagte er.
senf dazu
 

chudn, 2012.04.12, 15:12
Tja, so einfach und klar kann man's auch sagen!! Andere schlagen sich seit gut 15 Jahren die (Restinhalte der) Köpfe ein, ohne dass man vorwärts kommt! Misch Dich mal unter die!!

Meine Birne ist zu weich, um mich unter den Kopfeinschlägern behaupten zu können.
senf dazu
 
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