Wenigstens etwas: die Süddeutsche Zeitung widmet ihr aktuelles Magazin der Finanzkrise ("Umdenken!") und enthält u.a. einen eher gelungenen Artikel von Christian Nürnberger (lustigerweise verehelicht mit der Nachrichtentante Petra Gerster, deren Bruder Florian wiederum dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste präsidiert), in dem es u.a. so schön heißt:
Michel interessiert das nicht besonders. Fortschritt ist für ihn, wenn er nach 25 Prozent Rendite auf 30 kommt. Nie fragt er, auf welch krummen Menschenrücken in asiatischen Galeeren solche Renditen zustande kommen, wie jung die Kinderhände sind, die Michels Reibach erarbeiten, wie viel Umwelt durch das globale Produzieren und Schachern um den letzten Cent verbraucht wird, wie viel krankmachender Druck auf Mitarbeiter ausgeübt wird, um die kurzfristigen, von Aktionären gesetzten Ziele zu erreichen, und wie teuer uns die Geiz-ist-geil-Mentalität zu stehen kommt.
Auch der Rest des Heftes ist ähnlich kapitalismuskritisch kapitalismusskeptisch und m.o.w. lesenswert. Nur irgendwie stören die prominent auf den ersten und letzten Seiten platzierten Reklamen von Prada, Bulgari sowie Dolce & Gabbana - und natürlich die absolut beknackte Rubrik "Stil leben", in der dreisterweise und völlig bezugslos zum restlichen Heft auf fünf Seiten sündteure Luxusuhren angepriesen werden...
wir nehmen euch alles, und geben ein stück zurück (profitabel ist unter 1%), aber auch nur unter einer bedienung: die spenden müssen auch unter dem protektorat der profitbibel was beissfestes bringen...wie mehr zeit die dummheit bekommt...frohe zukunft, liebe sklaven!
Na gut, es hätte natürlich auch für meinen Geschmack alles durchaus schärfer ausfallen dürfen, aber für so ne Lifestyle-Beilage ist es meiner unmaßgeblichen Meinung nach immerhin beachtlich - und die Geschichte vom Michel schien mir weniger als Einzelschicksalschilderung denn als Parabel auf den durchschnittlichen Deutschländer gemeint zu sein...?
➥ Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
➥ Das Prinzip Permanentes Plebiszit
We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
Charles Bukowski