Ente am Ende
Leider sehr viel mehr als nur ein kaputtes Knie
Mittwoch, 29. Dezember 2010, 13:42

Genau 120 Jahre ist es heute her - wenn man dieser Liste Glauben schenken mag, also nicht einmal ein (maximales) Menschenalter; in Österreich krähte der kleine Adolf mit 20 Monaten vielleicht gerade sein erstes "Sieg Heil", in London und der literarischen Welt machte Oscar Wilde mit seinem Bildnis des Dorian Gray Furore, und das Deutsche Reich hatte just beim British Empire Sansibar gegen Helgoland eingetauscht; in Frankreich bastelten die Brüder Lumière an den Vorläufern des Kinematographen, in Württemberg vermarktete Familie Benz die ersten Automobile, in Ohio eröffneten die Gebrüder Wright eine Fahrradwerkstatt, und William Frederick Cody alias Buffalo Bill hatte gerade mit seiner Wild West Show in Braunschweig gastiert; da fand im winterkalten South Dakota, an einem gottverlassenen Ort namens Wounded Knee, kurz nach Weihnachten und knapp vor Sylvester, das letzte große Massaker an amerikanischen Ureinwohnern seitens der US Army statt.
Ghost DanceDie Details sind ebenso herzzerreißend wie empörend. Aus Verzweiflung durch das unaufhaltsame Vordringen des "Weißen Mannes", der den Autochthonen auch noch das letzte Land zu entreißen und sie zu versklaven oder zu vernichten drohte, war bereits in den 1860er Jahren die religiöse Geistertanz-Bewegung entstanden, in der durch rituelles Abhotten eine Rückkehr zu paradiesischen oder zumindest vorkolumbianischen Zuständen angestrebt wurde. Diese pan-indianische Bewegung war, wiewohl völlig friedlich, der US-Regierung wohl zu revolutionär und jedenfalls ein Dorn im Auge.
Tȟatȟáŋka ÍyotakeNachdem in diesem Zusammenhang schon zwei Wochen zuvor der Chief der Hunkpapa-Lakota-Sioux, Tȟatȟáŋka Íyotake (s.r.; uns eher bekannt als "Sitting Bull"), der zuvor auch schon in Buffalo Bill's Indianerzirkus mitwirken musste, von zwei Polizisten erschossen (und seine Leiche verstümmelt) worden war, umstellte am 29. Dezember 1890 das 7. US-Kavallerieregiment Angehörige des Minneconjou-Lakota-Sioux-Stammes mit deren Häuptling Si TankaSi Tanka (s.l.; "Spotted Elk" oder auch "Big Foot") - welcher übrigens zusammen mit Tȟatȟáŋka Íyotake ("Sitting Bull") und Tȟašúŋke Witkó ("Crazy Horse") in der Gruppe dabei war, die 14 Jahre zuvor am Little Bighorn eben jenes 7. Kavallerieregiment unter General Custer bis auf den letzten Mann erledigt hatte (weswegen da wohl noch eine Rechnung für offen gehalten wurde) - und mähte über 200 wehrlose Männer, Frauen und Kinder mit Maschinengewehren nieder.
Überflüssig (und überdrüssig) zu erwähnen, dass der verantwortliche Kommandeur von jeder Schuld freigesprochen wurde.
Nun möchte ich solcherlei staatliche Massenexekutionen keineswegs als US-amerikanische Spezialität bezeichnen; aber eine gewisse ungute Tradition haben sie dann im sogenannten "Mutterland der Demokratie" ja doch, wie die Hinweise auf My Lai, das Kent-State-Massaker oder das jüngst von Wikileaks aufgedeckte Hubschrauber-Massaker im Irak belegen mögen.

Hoka Hey...?

senf dazu


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