Ente am Ende
Schluss jetzt mit dem Krieg!
Samstag, 21. Januar 2023, 09:41

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich halte Putin und sein Regime für korrupte Verbrecher.
Allerdings gilt das Gleiche für unsere westlichen Herrschaften.
Die ganze Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine – dass diese zum großen Teil Jahrhunderte zu Russland gehört hat und erst seit 1990 ein unabhängiger Staat ist, dass der Krieg bereits seit 2014 im Donbass tobt, nachdem ein von den NATO-Staaten wohlwollend begleiteter, auch von faschistischen Gruppierungen getragener Putsch die damalige Regierung beseitigt und die daraufhin installierte Regierung die russischsprachigen Bevölkerungsteile zu diskriminieren begann usw. – soll hier nicht noch einmal ausgeführt werden; all dies ist lange bekannt, wenn es auch immer wieder gerne vergessen bzw. unterschlagen wird. Dass "der Westen" mit zweierlei Maß misst und für Putin und Konsorten jetzt Tribunale fordert, nicht aber für George W. Bush, der zwei Angriffskriege in Afghanistan und Irak geführt sowie die Konzentrations- und Folterlager in Guantanamo und anderswo installiert hat, wofür mit aller Härte nicht er und seine Komplizen, welche "Beweise für Massenvernichtungswaffen" gefälscht haben, verfolgt und bestraft werden, sondern Whistleblower wie Julian Assange, Chelsea Manning und Edward Snowden, die es gewagt haben, US-amerikanische Kriegsverbrechen publik zu machen; dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker hierzulande gern beschworen wird, wenn es darum geht, konkurrierende Staaten wie die Sowjetunion oder Jugoslawien zu destabilisieren und zu vernichten, wohingegen aber die Katalonen, die es wagen, von Spanien (einem Verbündeten!) Unabhängigkeit erlangen zu wollen, als Hochverräter behandelt werden – all das ist nicht Neues. Und so sieht es leider aus: In diesem Krieg konkurrieren nicht "der böse Russe" und "der freie Westen", sondern zwei (gar nicht so) verschiedene militärisch-industrielle Komplexe.

Im Krieg verlieren nicht nur die ukrainischen und russischen Menschen, die dort sterben oder zu Killern werden; fast alle Menschen weltweit leiden darunter, nicht nur durch steigende Preise; und nicht nur das politische Klima wird weiterhin und schlimmer als jemals zuvor vergiftet.. Profitieren tun nur die Rüstungsindustrie durch enorm gestiegene Nachfrage sowie gewisse Energiekonzerne, die jetzt ihre alten Atommeiler und Kohlekraftwerke wieder reaktivieren können. Daher: Schluss jetzt mit dem Krieg! Keine weiteren Waffenlieferungen, sondern sofortiger Waffenstillstand und ergebnisoffene Verhandlungen! Die von Russland besetzten und annektierten Ostgebiete der Ukraine sollten zunächst (wie die Krim seit 2014) bei Russland verbleiben und ein freiwilliger Bevölkerungsaustausch (zwischen "Ukrainern" dort und "Russen" anderswo in der Ukraine) organisiert werden; die Infrastruktur (Wohngebäude u.v.m.) ist ohnehin schwer zerstört und muss erst wieder aufgebaut werden, und bald sollten ohnehin (nicht nur dort) die ansässigen Menschen selber entscheiden dürfen, zu welchem Land sie gehören und von wem sie wie regiert werden möchten – sofern sie sich nicht lieber selbst regieren wollen.

senf dazu



damals, 2023.01.21, 14:33
Nun wird es aber ohne weitere Waffenlieferungen keine ergebnisoffenen Verhandlungen geben können. Unsere Wut sollte sich also nicht gegen die Waffenlieferungen, sondern gegen das Nichtvorhandensein von Verhandlungen richten.

Wo steht denn das geschrieben, dass es ohne weitere Waffenlieferungen keine ergebnisoffenen Verhandlungen geben könne?
Hier steht zumindest das Gegenteil.

Sicher. Diesen Zeitpunkt hat der Westen offensichtlich verpasst: Da war eine Chance zu Verhandlungen, und die hat der Westen ausgeschlagen. Jetzt werden die nächsten Militäroffensiven vorbereitet.
Das Problem ist meines Erachtens, dass die Ukraine völlig zu Recht auf der vollständigen Rückgabe ihres Territoriums besteht. Worüber mit Russland verhandelt werden kann, nämlich wie ein für alle akzeptables Friedenssystem in Osteuropa aussehen könnte, darüber zu verhandeln steht nicht in der Macht der Ukraine, auch nicht in der Macht des Westens. Der Westen müsste aber die Initiative ergreifen, alle an einen Tisch zu bringen. Ich finde, USA, EU und NATO lassen die Ukraine da ganz schön im Stich.
Ohne weitere Waffenlieferungen verliert die Ukraine den Krieg. Damit ist niemandem außer Russland geholfen. Waffenlieferungen alleine können aber nur den status quo erhalten, besser machen können sie nichts.

Dann wäre es doch angesagt, den militärischen Status Quo einzufrieren und dann die Menschen in/aus den umkämpften Gebieten selber abstimmen zu lassen, wohin sie gehören wollen.

Den militärischen Status Quo einzufrieren mit einem Waffenstillstand, wäre sicher ein sinnvoller erster Schritt, auf den weitere Verhandlungen folgen müssten (Verhandlungen wohlgemerkt über russische und osteuropäische Sicherheitsinteressen, nicht über russiche imperiale Interessen!). Eine erneute Abstimmung in besetzten Gebieten ergibt aber keinerlei Sinn nach den Erfahrungen mit den schon erfolgten gefaketen Abstimmungen und dem gefaketen Aufstand der angeblichen Separatisten.
Jede Änderung des territorialen Status der Ukraine würde doch bedeuten, dass sich der russische Angriff gelohnt hat. Das darf nicht sein. Es sollte eine wichtige Lehre sein, dass Russland die Krim (deren Annexion der Westen stillschweigend akzeptiert hatte) nun wieder verliert.

Das Abkommen von Minsk (an das sich die Ukraine nicht gehalten hat) sah vor, dass die Bevölkerung Gebiete Donezk und Luhansk (in den offenbar überwiegend Russen leben und lebten) selbst entscheiden sollten, ob sie weiterhin zur Ukraine (die seit 2014 u.a. den Gebrauch der russischen Sprache stark eingeschränkt hatte) gehören wollen. Was wäre daran falsch (gewesen)?

Auch die separatistische, also russische Seite hat sich nicht an das Abkommen gehalten. Das Minsker Abkommen war ein guter Versuch, auch zur Begrenzung ukrainischer Repressionen, wie Sie sie erwähnen. Aber es krankte daran, dass die Separatisten als Separatisten anerkannt wurden, was sie ncht waren. Deshalb hat es letzendlich nicht funktioniert.
Hätte Russland die Separatisten sachte unterstützt, wie es der Westen mit der Maidan-Revolution gemacht hat, dann wären manche Kompromisse und Abstimmungen möglich gewesen. Aber wer mit seinen Truppen im Nachbarland umherballert und Städte erobert, wie es Russland seit Jahren tut, dem muss ebenso geantwortet werden. Leider. Volksabstimmungen brauchen freie Verhältnisse, und die sind nicht gegeben.

Inwiefern waren die Separatisten keine Separatisten? Sie hatten sicherlich Unterstützung aus Russland, aber es waren doch wohl überwiegend "Russen" mit ukrainischer Staatsbürgerschaft.

Also, mal abgesehen davon, dass Russland seit 2014 mit Soldaten und Kriegsgerät massiv im Donbass interveniert (um es mal höflich auszudrücken), ist auch die Führung der Separatistenbewegung vom russischen Staat dominiert, wenn nicht gar direkt gesteuert.

Ich habe jetzt schnell nochmal Wikipedia konsultiert, um mich zu vergewissern, mit folgendem Ergebnis:
Der Chef des Ganzen ist ein russischer Geheimdienstoffizier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Igor_Wsewolodowitsch_Girkin

und seine maßgeblichen Gefolgsleute sind zwar der Geburt nach Ukrainer, stammen aber direkt aus der Sowjetarmee:
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Alexandrowitsch_Bednow
https://de.wikipedia.org/wiki/Igor_Wenediktowitsch_Plotnizki

Übrigens: Das gleiche Muster gab es auch schon auf der Krim: Die Fäden in der Hand hatte ein russischer Geheimdienstler (vielleicht als Erklärungshilfe aus meiner realsozialistischen Erfahrung: Jemand, der im Realsozialismus Philosophie studierte, um anschließend bei der zentralen staatlichen Nachrichtenagentur sowie als Militärkorrespondent und politischer Berater bei Wahlen zu arbeiten, der arbeitet ganz ohne Zweifel für einen Geheimdienst):
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Jurjewitsch_Borodai

Offizieller Präsident wurde dann ein Eingeborener aus dem Dunstkreis der Sowjetarmee:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sergei_Walerjewitsch_Aksjonow

Vergleichsweise echt ist noch der hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Pawlo_Hubarjew
Er stammt scheinbar nicht aus dem (post-)sowjetischen Kolonialherrenmilieu. Seine militärische Ausbildung hat er bei russischen Nazis absolviert.

Mag sein, dass ich jetzt einige vergessen habe, aber das ist das Ergebnis meiner spontanen Suche bei Wikipedia. Und Sie verstehen vielleicht, dass ich als ostdeutsch geborener Linker einen Hass hab auf diese postkolonialen russischen Netzwerke.
(Und da, wo echte, also altelitenferne Kämpfer mitmischen, scheinen mir das Rechtsextreme zu sein.)

Das Volk im Sinne von Bevölkerung, die nur in Ruhe leben will, hat von denen nichts zu erwarten.

Wie geschrieben: Ich halte beide Seiten für korrupt und verbrecherisch, und fände es endlich an der Zeit, die Leute, die (nicht nur) dort wohnen bzw. (noch) leben, endlich selbst entscheiden zu lassen. Putins ursprüngliches Ziel, die ukrainische Führung komplett zu entmachten, war genauso heillos überzogen wie die Doktrin, jetzt so lange weiter Krieg zu führen, bis Krim und Donbass komplett zurückerobert wären (und womöglich noch bis Putin an ein Kriegsverbrechertribunal ausgeliefert würde). Da wird wohl doch eher noch der 3. Weltkrieg stattfinden...
senf dazu
 

txxx666, 2023.02.10, 14:29
Wenn Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer sich schon zusammentun und eine Petition zum Thema starten, welche mir derart aus der Seele spricht (und die dazu noch 69 so illustre Erstunterzeichnende hat wie u.a. Reinhard Mey, Martin Sonneborn und Katharina Thalbach), dann möchte ich das hier natürlich ganz ausdrücklich unterstützen: Manifest für Frieden
senf dazu
 
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Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
Das Prinzip Permanentes Plebiszit

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