Ente am Ende
Enigmatic Economics
Freitag, 22. Juli 2011, 15:25

Die drei Google-Top-News von 13:00 Uhr:
Euro-Gipfel: Bankenverband zufrieden mit Gipfel-Beschlüssen
Merkel: Deutschland aus Krise gestärkt hervorgegangen
ifo-Index: Deutsche Wirtschaft: Die Euphorie verfliegt

Wer wird daraus noch schlau? Ich (vielleicht, weil ich aus einer tiefen Abneigung gegenüber dieser Materie den Wirtschaftsteil der SZ immer sofort ungelesen ins Altpapier schnippe) jedenfalls nicht so richtig. Aber ich vermute natürlich stark, dass Beschlüsse, die den Bankenverband zufriedenstellen, nichts Gutes für den kleinen Mann, die kleine Frau und das kleine Kind bedeuten, und dass ein gestärktes Deutschland (immerhin so etwas wie ein Banker unter den Staaten) auch nicht unbedingt Positives verheißt...
Wieso dann aber trotz angeblich so guter Nachrichten für Banken UND Deutschland die Euphorie verfliegt, ist mir etwas schleierhaft. Hatten die sich am Ende NOCH bessere Deals erhofft?
Diese elenden Gierlappen!

senf dazu



chudn, 2011.07.22, 16:57
eher zum thema wirtschaftsteil: dir gehts glaube ich wie vielen Nicht-Ökonomen oder irgend Nicht-in der wirtschaft-tätigen und ich bin da als elfenbeinturmtourist ähnlich gepolt. Das dumme daran: richtig gute Kenner sowohl der theorie als auch der globalen Praxis der wirtschaft auf seiten der Linken gibt es noch immer zu wenige, daher klingt die Kritik von hier oft so, dass jeder als solcher anerkannte 'experte' drüber schmunzeln kann, d.h. sie ist strukturell auf dem niveau jeder Kritik seitens der kirche oder anderen gutmenschen. Daher gibts wohl auch derzeit keine ernstzunehmende kritik, die das establishment erschüttern könnte!

Das war ja bekanntermaßen zu Marx' zeiten anders: der wurde ernst genommen von der Bürgerlichen und die machten sich beinahe Sorgen um Ihr wohlergehen. Und nicht zufällig basierte dessen wissen weitgehend auf den von dir und anderen aussortierten wirtschaftsteilen, wie sonst das klassisch marxistische dogma verstehen: von den produktionsverhältnissen kritisch/theoretisch ausgehend, auf diese praktisch hinzielend ??! - wenn man davon nix weiss, klingts nach außen wie träumerei oder faselei!!
(wie gesagt: keine persönliche, eher allgemein gehaltene Kritik, mich eingeschlossen..)

ohne fundierte aufklärung und vorausgesetzt wissen über die ganzen kram (von den strukturen der wirtschaft/ politik etc, ihrer funktionsweise bis runter auf konkrete verhältnisse und akteure) wird jede weitere 'revolution' doch nur halbgar (nordafrika derzeit) oder elitär (klassisch 1917ff.) ablaufen..

daher mein gezielt überzogenes plädoyer: studiert die wirtschaftsteile, schmeisst föllitong und sport als wahlweise highbrowsing-schnösel-wichtigtuerei oder ablenkungsbrot für die massen zwecks verdummung derselben weg!! Und den ganzen schrott in der mitte, von reisen bis bildung sowieso, ok: wissen ausgenommen.

Mir reicht offengestanden die aus dem LK BWL bezogene Erkenntnis, dass alles Wirtschaften stets nur dem Wohle des eigenen Betriebs gelten darf, ungeachtet aller volkswirtschaftlichen Konsequenzen...

..aber dann wird einem von der anderen seite immer nur erwidert: wie denn sonst? wie soll's denn sonst genau (!) funktionieren? Und dann verfängt man sich wieder in dieser system-frage und steht vor der nötigung zu beweisen, inwiefern alle nicht marktwirtschaftlich organsierte Güterversorgung nicht totalitäre elemente herbeiführen würde..

Also, ich glaube/hoffe, dass die Mär vom wohlstandsschaffenden "freien Spiel der Kräfte" à la Adam Smith angesichts der zerstörerischen Allmacht globaler Mono- und Oligopole inzwischen auch die ökonomisch Unbelecktesten nicht mehr werden glauben wollen.

"ohne fundierte aufklärung und vorausgesetzt wissen über die ganzen kram (von den strukturen der wirtschaft/ politik etc, ihrer funktionsweise bis runter auf konkrete verhältnisse und akteure) wird jede weitere 'revolution' doch nur halbgar (nordafrika derzeit) oder elitär (klassisch 1917ff.) ablaufen..

daher mein gezielt überzogenes plädoyer: studiert die wirtschaftsteile"

das möchte ich erst mal genau so unterstützen. Ich bin selbst zwar eher ambitionierte Amateurin, aber trotzdem.

Als ich Abi machte (damals...) gingen nach dem Abi eine Reihe meiner Schulgenossen (anders kann man das nicht nennen) weg, um in Bremen Ökonomie zu studieren. OHne eine funktionierende Wirtschaft wird das mit der alternativen Gesellschaft nämlich nix.

Linkes Wirtschaftdenken ist meiner Wahrnehmenung nach oft entweder pures Anspruchsdenken, Träumerei oder ein etwas abgepolsterter Kapitalismus.
Ich habe selbst keinen besseren Ansatz und kann gerade nur rummaulen statt Alternaiven vorzuschlagen, aber nur mit "enteignet wen auch immer" kommen wir nicht wirklich weiter.

Aber wie gesagt, ich nix Ahnung von Thema

Dann bitte ich mich auf dem Laufenden zu halten, sobald diese Studien erste Früchte tragen; es sollte mich aber nicht wundern, wenn als Ergebnis trotzdem die Notwendigkeit umfassender Enteignungen herauskommen würde ; )

Ich fürchte, das ganzeist etwas komplexer. Wenn man jeden enteignet, der 2 Euro mehr als der Weltdurchschnitt besitzt, wird da wohl nicht das Gewünschte bei rauskommen.

Einfach nur enteignen ohne weiteren Plan ist wohl nicht die Lösung.
Und auch enteigneter Besitz an Produktionsmitteln muss weiter "gemanaged" werden.

Vielleicht ist das Aufbauen alternativer Wirtschaftsstrukturen wie damals... in den 80ern, mit selbstverwalteten Läden und Öko-Bauernhöfen, der Weg. Nur leider sind wir im Land nicht ur ein paar kluge Köpfe, sondern 80 Millionen, und von denen haben eine erschreckende Mehrheit keine Lust auf Veränderung.

Bei zwei Euronen mehr als der Durchschnitt sicher nicht - bei zwei Millionen schon eher und bei zwei Milliarden ganz bestimmt.
Aber vor allem geht es ja um Firmenkonglomerate und exzessiven Grundbesitz.
Was die Freiwilligkeit angeht, fürchte ich, werden wir über gegenseitige, mehrheitlich zu beschließende "Selbstverpflichtungen" (die dann auch irgendwie durchgesetzt werden müssten) nicht herumkommen.

Ich fürchte, wenn wir die paar Millionen Menschen, die von weniger als 1 Dollar pro Tag zurechtkommen müssen, in die Rechnung einbeziehen, dann bleibt von den phantastisch viel erscheinenden Milliarden nicht mehr viel über.

Angesichts der Katastrophe in Afrika muss der Fokus erst mal drauf liegen, allen das Überleben zu sichern. Und danach die Schuhe an den Füssen und das Dach über dem Kopf.

Klar bliebe da nicht mehr viel über - aber darum geht's doch auch: weltweite Solidarität und Gerechtigkeit.
Und wenn erstmal alle Erdenmenschen ungefähr auf dem Lebensstandard von Lieschen Normalverbraucher und Otto Müller leben könnten, hätten wir als Mehrwert immerhin die Sicherheit, nicht von verzweifelten Habenichtsen ausgeraubt zu werden - was da alles an Grenzen, Zäunen, Waffen eingespart werden könnte...


"aber darum geht's doch auch: weltweite Solidarität und Gerechtigkeit"

um genau das geht es. Um was es nicht gehen kann ist zu sagen "Porsche für alle".

Ich werde ja immer geflamt wenn ich sage, dass wenn alle Erdenbürger erst mal den Lebensstandart des deutschen Sozialgestezbuches hätten wir einen ganzen Schritt weiter wäre. Ist aber so.

Da sind wir uns ja doch noch einig...?
Übrigens: "geflamt" - kannte ich noch gar nicht, die Vokabel. Danke für die Wortschatzerweiterung!
senf dazu
 
 schon 1337 x druppjeklickt

Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
Das Prinzip Permanentes Plebiszit

We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
Charles Bukowski