Ente am Ende
Kunst und Geschwulst
Donnerstag, 27. Oktober 2011, 15:38

Kunst kommt von Können, nicht von Wollen:
Sonst hieß es „Wulst.“

Ludwig Fulda

Auf die Gefahr bzw. Gewissheit hin, mich unbeliebt zu machen, möchte ich hier und heute bekennen: mein Kunstbegriff ist eher naiv, um nicht zu sagen konservativ.
Ich schätze und liebe z.B. die klassische realistische Malerei von da Vinci über Bosch und die vielen Brueghels bis hin zu Edward Hopper, wie sie bis zum Aufkommen der Photographie zumindest "im Abendlande" als Inbegriff darstellender Kunst verstanden wurde. Vieles von dem, was dann im Zuge der zunehmenden "Abstrahierung" auf den Kunstmarkt gelangte, sehe ich dagegen mit den kritischen Augen des allgemein verlachten Dumpfbeutels, der da spricht: "Das kann ich aber auch!"
Nichts gegen den Impressionismus von Manet oder Monet, auch nichts gegen den Expressionismus eines van Gogh oder eines Kandinsky und schon gar nichts gegen den Surrealismus von Señor Dalí oder Monsieur Magritte; aber bei Picasso ("The Ace of Spades") wird es für mich teilweise schon grenzwertig - und was das Schwarze Quadrat auf weißem Grund von Malewitsch (s.r.) angeht oder auch die ewig gleichen halb ausgemalten Kästchen von Mondrian (s.l.), da ist der oben zitierte Ausspruch des Kunstbanausen wirklich nicht besonders weit hergeholt. Aber was macht's? Soll doch jede_r zu Stift, Pinsel, Spraydose oder Wasauchimmer greifen und die eigenen Kunstwerke zu Papier, Leinwand, Beton oder Wohinauchimmer bringen - Do It Yourself!
Nun zur sogenannten "Aktionskunst": Da mag es schon viele gelungene und auch weniger gelungene Performanzen gegeben haben, von Otto Muehl und Hermann Nitsch (blutige Schweinereien) bis Christoph Schlingensief (Terror 2000 u.v.m.). Die Hinterlassenschaften sind aber - für sich gesehen und ohne Kenntnis ihres Entstehungsprozesses - zumeist wenig ansehnlich. So sehr ich beispielsweise Joseph Beuys als politischen Soziologen und Kunsttheoretiker schätze, für sein Konzept der Sozialen Plastik und seinen Ausspruch Jeder Mensch ist ein Künstler (vgl.o.) - einen Stuhl dick mit Butter zu beschmieren (s.r.) oder eine Kartoffel in eine Badewanne zu legen ist - rein technisch gesehen - keine große Kunst, und ästhetisch gesehen ist es auch kein allzu großer Genuss. Künstlerisch wertvoll ist hier allenfalls die dahinterstehende Absicht, die theoretische Unterfütterung und natürlich nicht zuletzt die Geschicklichkeit und Unverfrorenheit, den Leuten solcherlei Humbug als große Kunst zu verkaufen.

Und nun, nach dieser erschöpfend langen Vorrede, zum eigentlichen Anlass meiner Ein- und Auslassungen: soeben hat eine gewisse Marni Kotak in der Microscope Gallery in New York vor Publikum ein Baby aus sich herausgedrückt und dazu den himmelschreienden Unsinn von sich gegeben, Gebären sei "die höchste Form der Kunst".*
"NEIN!", möchte ich da energischst dazwischenrufen, "dreimal NEIN!" Ein Kind zu bekommen ist (zumal wenn, wie hier, kein Kaiserschnitt vorgenommen wurde und also auch kein ärztlicher "Kunstfehler" drohte) keine Kunst, sondern das Natürlichste auf der Welt; alle Säugetiere, von der Blauwalin bis zur Spitzmäusin, sind dazu verurteilt, ja mehr noch: selbst Schwanzlurche, Penisfische und Kakerlaken (soweit weiblich) können und müssen Eier legen, und insofern ist es eben keine Kunst, sondern eher schon ein Muss!
Oder, wenn wir den vorher arg geschwollenen Leib der Schwangeren in Betracht ziehen, in Anlehnung an obenstehendes Zitat: eine Geschwulst...
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* In Wirklichkeit ist natürlich Kacken die größte Kunst der Welt - das kann ich nämlich selber auch!

senf dazu



uwe sak, 2011.10.27, 19:13
Respekt, dagegen bin ich ja der reinste Kulturbanause.
Weibliche Penisfische, dass gefällt mir.
Was allerdings das Kacken angeht, muß ich widersprechen:
Das ist auch nötig. Ein Kunstwerk wird das erst, wenn dir bsp. folgendes gelingt: 7 Kringel und ein Tupfer!

An manchen hartleibigen Tagen war ich auch schon froh, wenn mir überhaupt ein Stuhlgang gelang...
senf dazu
 
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