Ente am Ende
Musste das sein?
Freitag, 23. März 2012, 08:38

Natürlich bin ich grundsätzlich und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, obwohl ich nachvollziehen (wenn auch nicht gutheißen) kann, dass sie gerade bei besonders abscheulichen Verbrechen und Wiederholungstaten von vielen Menschen gefordert wird.
Natürlich bin ich auch gegen Selbstjustiz, wenn ich auch verstehen kann, dass sie immer wieder vorkommt (z.B. wenn Menschen unmittelbar oder mittelbar Opfer von besonders abscheulichen Verbrechen geworden sind).
Weniger eindeutig ist meine Haltung zur Selbsttötung ("Suizid"; manchmal auch euphemisierend "Freitod", öfter dagegen diffamierend "Selbstmord" genannt). Es ist meiner Ansicht nach ein Menschenrecht, dem eigenen Leben selbstbestimmt ein Ende setzen zu dürfen; aber natürlich gibt es immer wieder (vielleicht sogar in der überwiegenden Zahl) Fälle von psychischen Ausnahmesituationen, in denen ein Suizidversuch im Affekt und/oder als "Hilfeschrei" unternommen wird und wo dessen Vereitelung gerechtfertigt, weil auch im Sinne und Interesse der Suizidentin bzw. des Suizidenten ist; dies im Einzelfall herauszufinden, ist aber oft schwer bis unmöglich.
Im Falle des Mannes, der offenbar ein besonders abscheuliches Verbrechen begangen und so unermesslich schwere Schuld auf sich geladen hat, nämlich wegen eines Sorgerechtsstreits mit seiner Ex-Frau die beiden gemeinsamen Töchter, neun und zehn Jahre jung, lebendig verbrennen ließ, und der jetzt im Gefängnis, kurz bevor er der ehemaligen Gattin und Mutter der elendiglich ermordeten Mädchen im Gericht hätte gegenübertreten sollen, mit Schlaftabletten sein Leben beenden wollte, frage ich mich allerdings, warum ein Notarzt das unterbinden musste; denn offenbar hat dieser Unglückliche doch selber für sich die Todesstrafe verhängt und sogar selbst vollstrecken wollen.
Ich wüsste nicht, in wessen Interesse es gewesen sein könnte, dies zu verhindern - oder ist ihm womöglich eine Strafe zugedacht, schlimmer als der Tod...?

senf dazu



txxx666, 2012.03.23, 23:30
Hurra - die Mongolen sind da...
(Hoffentlich keine EOC-Fans)
senf dazu
 

uwe sak, 2012.03.26, 10:14
Ich bin der Überzeugung, dass man Grundsätze haben muß, weil sonst alles nur noch eine Frage des Abschätzens ist. Es ist meiner Meinung nach dem Menschen gegeben, Prinzipien zu haben. Dafür gehört für mich, dass ich im Rahmen des mir Möglichen, einen Suizid verhindern würde, ohne Ansehen der Person.

Auch wenn du wüsstest, dass die Person sterben möchte, und nicht nur im Affekt, sondern sozusagen "im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte" und vielleicht sogar aus objektiv nachvollziehbaren Gründen?

Was sind "objektiv nachvollziehbare Gründe"? Das ist für mich schon eine Depression. Aber auch Depressionen sind behandelbar. Und Schwerstkranke kann man die Schmerzen nehmen, so dass ihnen noch ein paar schöne Tage bleiben. Ich gebe zu, dass man das auch ganz anders sehen kann.
Wovon ich abraten würde: Einen Patient zu zwingen, Maßnahmen über sichergehen zu lassen, die nur sein Leiden verlängern (Magensonde und ähnlich schöne Dinge).
Aber dann findet kein Suizid statt.

Wenn eine längerfristig bestätigte Willensäußerung vorliegt, z.B. wegen einer unheilbaren und fortschreitenden Krankheit oder auch nur aus einfachem Lebensüberdruss...
Ich bin der Meinung, der Wunsch zu sterben sollte respektiert und nicht aus religiösen oder anderweitig "moralischen" Gründen hintertrieben werden. Ich bin auch dafür, solchen Menschen z.B. lebensbeendende Mittel zur Verfügung zu stellen, anstatt sie in unsichere und/oder gemeingefährdende Selbsttötungsarten (Sprung vom Hochhaus oder vor den Zug usw.) zu nötigen.

Das Problem ist nur, dass ich Pflegebedürftigen auch das Gefühl vermitteln kann, dass sie nicht mehr erwünscht sind. Das gilt auch z. B. für depressive Menschen. Ich halte es deshalb nach wie vor für richtig, hier eine klare Grenze zu ziehen, ja auch wenn das heißt, dass ich dem Wunsch aktiv aus dem Leben zu scheiden, nicht respektieren kann. Aus dem Wunsch Suizide zu respektieren, wird schnell ein "Mach Dich mal vom Acker", Du störst nur und kostet Geld.

So traurig es ist, aber Pflegebedürftige sind vielleicht manchmal tatsächlich nicht mehr erwünscht. Und wenn so jemand Pflegebedürftiges aus diesem Gespür heraus nicht mehr leben möchte, halte ich auch das für legitim.
Ich kenne die Zustände in der Altenpflege ein bisschen und halte sie großenteils für menschenunwürdig und nicht sehr lebenswert. Damit rede ich nicht der Euthanasie das Wort, sondern einer vernünftig (und nicht nach rein ökonomischen Gesichtspunkten) organisierten Betreuung. Der Problemkreis des geduldeten oder um jeden Preis zu verhindernden Suizids ist davon m.E. nur am Rande berührt
senf dazu
 
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