Ente am Ende
Brian ≠ Jesus
Mittwoch, 19. September 2012, 11:59

Was mich an der Debatte um das islamfeindliche Machwerk Innocence of Muslims am meisten nervt, ist die Tatsache, dass irgendwelche angeblichen Experten (die sich damit aber als absolute Ignoranten entlarven, so wie gestern bei Maischberger) diesen billigen stupiden Scheißdreck mit dem Meistwerwerk Das Leben des Brian vergleichen, in dem ja angeblich Jesus aufs Gröbste verspottet werde.
Deshalb hier für all Jene, die (aus welchem Grund auch immer) letzteren Film noch nicht gesehen haben (was sie aber hier sofort nachholen könnten): Es geht dort nicht um Jesus (der nur in einer Szene kurz vorkommt, wie er seine Bergpredigt hält), sondern um einen Burschen namens (Überraschung:) Brian, dessen Leben zwar gewisse Parallelen zu dem von Jesus aufweist (so irren sich die Heiligen Drei Könige anfänglich in der Scheune und landen beim neugeborenen Protagonisten, der am Ende auch gekreuzigt wird), der aber z.B. keineswegs der Gottessohn ist (und das auch nie behauptet), sondern unehelicher Spross eines Römers namens Nixus Minimax; auch wird die Hauptfigur keineswegs über Gebühr veralbert, sondern eher die imperialistische Besatzungsmacht, das Spaltunwesen von K-Gruppen (Volksfront von Judäa gegen Judäische Volksfront, siehe unten) und die Bereitschaft fanatisierter Massen zu blinder Gefolgschaft.

Also: Ich bin zwar kein fanatischer Muslim, könnte mir aber vorstellen, dass mich selbst als solcher ein Film über einen unfreiwillig-falschen Propheten und Zeitgenossen von Mohammed nicht allzusehr auf die Palme bringen würde. Da ich aber andererseits ein großer Monty-Python-Fan bin, kann ich bei weiteren strunzdümmlichen und/oder böswilligen Verunglimpfungen dieser göttlichen Truppe für nichts garantieren...

senf dazu



tama, 2012.09.21, 19:12
Ich habe aus mir unbekannten Gründen immer reininterpretiert, wie leichtgläubig manche Menschen sind, wenn jemand mit richtigen Worten am falschen Ort oder mit falschen Worten am richtigen Ort oder überhaupt irgendjemand irgendwo auftaucht, der ansatzweise was Beeindruckendes macht oder (miss-)missverstanden wird und wie in etwa Gruppendynamik zustandekommt und funktioniert - ich bin manchmal nicht besonders geschickt darin, meine Gedanken zu erklären.

Life of Brian und Jesus - oookaayy, Hirn fällt leider nicht vom Himmel. :(

(By the way: Mir als Buddhist und als verstandesbegabter Mensch, der laut eigener Auffassung vernünftig ist, ist es egal, woran die Menschen glauben, so lange sie sich menschlich verhalten - ich unterstelle einfach mal, dass menschlich weitesgehend mit Kant und Co. identisch ist (Religiöse Menschen würden das wahrscheinlich beschreiben mit: nach Werten der Nächstenliebe handeln). - Aber als Muslim im Interview die (fundamentalistischen) Christen anprangern, weil die den Heiligen Koran verbrennen wollten und ihn immernoch als unheiliges Buch bezeichnen und unmittelbar darauf dasselbe von der Heiligen Bibel zu sagen und diese zügig und bestimmt in kleine Stücke zu zerreißen - tut mir Leid, aber das ist irgendwie ein bisschen beschränkt. (Im Netz finde ich die Karikatur aus meiner Schulzeit natürlich nicht: Aber die gesamte aktuelle Mohammed-Geschichte erinnert mich gerade sehr an diese Zeichnung, in der ein Haufen klischee-arabisch gekleideter Männer eine Puppe von G.W. Bush sowie die USA-Flagge verbrennen und eine Bibel verheizen: einer der Männer hält die erste Mohammed-Karikatur in der Hand und ruft etwas aus wie: "Oh nein! - Diese Barbaren wagen es doch tatsächlich, unsere Gefühle zu verletzen!" Und seine Kameraden sehen irritiert zu ihm herüber.).)

Ich finde es generell billig, sich über andere Kulturen lustig zu machen - der Griff an die eigene Nase beweist da doch mehr Stil, Mut und Selbstironie. Wenn also irgendwann ein lustiger Film über Mohammed entstehen sollte, dann doch lieber von muslimischer Seite...
senf dazu
 
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