Ente am Ende
Ernüchternde Erkenntnis
Dienstag, 30. Oktober 2012, 13:01

Mein im Februar groß angekündigter und sich auch sehr vielversprechend anlassender Versuch, das Saufen seinzulassen, muss nach einer in jüngster Vergangenheit zunehmenden Zahl von Vollräuschen, veritablen Filmrissen und dem sinnlosen Verprassen der in den abstinenten Monaten angewachsenen Ersparnisse mittlerweile wohl als gescheitert bezeichnet werden...

Schade. Aber immerhin: meine aufgedunsene Leber und mein abgemagerter Geldbeutel hatten zwischenzeitlich Gelegenheit, sich etwas zu erholen, mein Bierbauch ist deutlich geschrumpft, und sogar meine Libido erwachte vorübergehend wieder zum Leben und bescherte mir ein paar bescheidene Erfolge als nicht mehr ganz jugendlicher Liebhaber.

Jetzt also alles(?) wieder beim Alten – wie kam’s? Lag es an meinem Unvermögen, eine zuverlässige Quelle für psychedelische Ersatzdrogen zu requirieren? Am kläglichen Scheitern meiner politischen Ambitionen? An der Ubiquität von Alkoholika und Alkoholikern in Land und Stadt? An der schon früher oft halb scherzhaft behaupteten Unmöglichkeit, die Welt und die Menschheit nüchtern zu ertragen? Oder auch daran, dass die Menschen umgekehrt mich im nüchternen Zustand, in dem ein paar unschöne Charakterzüge zu Tage traten, immer weniger aushalten konnten und wollten? War doch zu wenig LSD im Trinkwasser? Oder sind es schlicht der anbrechende Herbst und die kürzer und frostiger werdenden Tage, die mich wieder in diese depressive Saufstimmung gebracht haben? Bin ich vielleicht doch ein hoffnungsloser Potator, der nur ein kleines (vielleicht sein letztes) alkoholfreies Zwischenhoch auf seinem Weg in den Abgrund erleben durfte?

Wir (pluralis maiestatis) werden es erleben. Jedenfalls werde ich auch weiterhin mein berüchtigtes Plastikfläschchen Kranenberger mitführen und dabei jede Gelegenheit nutzen, Etablissements, in denen das Recht zu sitzen teuer erkauft werden muss, zu meiden – auch wenn das, zumal in dieser dunklen und kalten Jahreszeit, schnell einsam machen kann.

senf dazu



uwe sak, 2012.10.30, 14:34
Zitat: Oder sind es schlicht der anbrechende Herbst und die kürzer und frostiger werdenden Tage, die mich wieder in diese depressive Saufstimmung gebracht haben? Zitatende

Nein, Du bist kein hoffnungsloser Fall. Nur alleine kommst Du da nicht mehr raus. Depressive Stimmungen können nur von außen angegangen werden. Warst Du schon mal in Behandlung?
Wenn nein, wird es höchste Zeit, wenn ja, warum haben die bisher nicht gezündet?
Ich glaube eine Entziehungskur alleine bewirkt bei Dir noch keinen Erfolg. Die dahinter lauernden Probleme müssen zuerst gelöst werden.
Aufgeben gilt nicht!

Ja, uwe sak - ich kann dir nur zustimmen!!!

Meine Erfahrungen mit der psychologischen Zunft würden fast einen eigenen Blog füllen - hier nur soviel: sie waren durchweg negativ. Abgesehen davon gibt es für Behandlungen (von Depressionen ebenso wie für Suchtprobleme) Wartezeiten von mehreren Monaten. Und übrigens bin ich der Meinung, wer angesichts des Zustandes der Welt nicht depressiv ist/wird, kann mental nicht ganz normal sein... ; )

Aber ein depressiver Mensch hat nicht nur ein reales, sondern immer auch ein irrationales Problem.
So wie ich das verstanden habe, hast Du zwar schlechte Erfahrungen gemacht, Du bist aber noch nicht austherapiert.
Wende Dich doch mal an Dr. Mentzel in Neuss. Da geht es wesemtlich schneller.
Es blebt dabei: Aufgeben gilt nicht!

Wer spricht denn von Aufgeben? Immer weiter in eine ungewisse, aber vermutlich düstere Zukunft...

Klar, die Alkis sind alle so sensibel und die Welt ist so schlecht. Daher müssen die saufen ... Alles Quark. Pfeif auf die dahinterliegenden Probleme. Kann man sich später immer noch mit beschäftigen. Ist die körperliche Situation kritisch: Grafenberg und Entgiftung. Danach vielleicht Langzeit. Ansonsten: Nicht saufen und zu einer Selbsthilfegruppe.

Aber ich habe hier natürlich keine Ratschläge zu geben. Muss jeder so machen, wie er will.

Na, auf alle Fälle ist ein kräftiger Vollrausch doch in der Regel eine erfolgreiche De-Sensibilisierung (ob nötig oder nicht). Und die Welt ist schlecht, daran darf doch gar kein Zweifel bestehen...

Die Welt ist schlecht...das liegt im Auge des Betrachters!

Ich will die Welt nicht schönreden, aber sollten wir es nicht hin und wieder schätzen, auf diesem Teil der Erde geboren zu sein?

Ich schätze nicht. Und nüchtern betrachtet ist es die schlechteste aller möglichen Welten.
senf dazu
 

chudn, 2012.10.31, 14:59
auf die Frage "wie kam’s?" würde ich mut- ohne anzumaßen, DIE Erklärung zu liefern, die EINE erwähnen, nämlich dass u.a. eine Rolle spielt, dass "Alkoholiker in Land und Stadt" Dich vielleicht "im nüchternen Zustand [...] immer weniger aushalten konnten und wollten" - was aber doch für 95% Deiner weniger alkoholisierten 'Umländler' nicht im geringsten galt/gilt - im Gegenteil!! Ich plädiere also eher auf "alkoholreiches ZwischenTIEF" denn umgekehrt!!!

Alles eine Frage der Perspektive - im Moment bin ich eh viel zu verschnupft, um mir eine wie auch immer geartete Kante zu geben.

..."und nüchtern betrachtet ist es die schlechteste aller möglichen Welten"
Ja, dann mußt du wohl weiter trinken!

Ach was!
senf dazu
 

txxx666, 2012.11.02, 12:20
Heute hat mir Großväterchen Freud einen geradezu fadenscheinig durchschaubaren Traum beschert: ich wurde von meinen Eltern(!) auf eine Party eingeladen und musste dort zu meiner Empörung feststellen, dass die alkoholischen Getränke - entgegen meiner Erwartung (oder der Ankündigung?) - nicht kostenlos waren...

Haha. Am Ende (Oder Anfang?) wird dann doch die Rechnung präsentiert. Und die besten Dinge (Wasser) im Leben sind frei?

Wenn man drüber nachdenkt ... So eindeutig ist es für Hobbypsychologen wie mich nun doch wieder nicht. Also pfeifen wir drauf. Beim Sprit verfolge ich ja eh einen verhaltenstherapeutischen Ansatz. Da kann man auf das ganze Hintergrundrauschen, Libido, Kindheit, Impotenz, Übergewicht, Schüchternheit oder eine verschwiegene Vorliebe für den 1. FC K***, verzichten.

So ne Art Neurolinguistische Programmierung?

Nein, keine Esoterikgeschwurbel. Eher so was hier: Verhaltenstherapie . (Wenn man denn unbedingt eine theoretische Grundlage wünscht.)

Mann wünscht sich unbedingt so einiges... ; )

Jaja, so lange man noch Bedingungen stellt ... ;-)

Bedingungen? Ich?? Aber niemals! Unbedingt und bedingungslos, so hab ich es am Liebsten.
senf dazu
 

txxx666, 2012.11.02, 16:24
Hier gibt es übrigens einen sehr lesenswerten und amüsanten Artikel über das Dasein eines Nüchternen unter Toxikomanen - gefunden in der Rubrik "Trockenblog" beim hochgeschätzten Kollegen cut, der ihn seinerseits wiederum wohl beim ebenfalls hochgeschätzten Kollegen mark793 entdeckt hatte...
senf dazu
 
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