Ente am Ende
Der kleinbürgerliche Faschismus eines Arbeitsstelleninhabers
Donnerstag, 9. Mai 2013, 17:31

Ich erlaube mir, im Folgenden einen irgendwie erschreckenden, wenngleich symptomatischen, zunehmend in Beleidigungen ausufernden Fratzbuch-Dialog zu dokumentieren (zur Mahnung und als Einladung), welcher sich soeben auf der von mir erstellten Veranstaltungs-Seite #Mitbestimmung überall entspinnt und bei dem es sich natürlich (wieder einmal) um meine (bislang leider wenig erfolgreiche) Petition Für die Einführung von Volksentscheiden als alleinige Grundlage der politischen Entscheidungsfindung dreht - also, los geht's (Namen verändert; Tippfehler original):
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Der Wutbürger (ein unauffälliger Brillenträger um die Vierzig mit HSV-Logo im Hintergrund): Das wäre der größtmögliche Alptraum und wird hoffentlich nie passieren...

Meine Wenigkeit (dialogbereit): Du lässt also lieber über dich entscheiden, als selber mitzuentscheiden - aber warum ausgerechnet von denen, die es offenbar nicht draufhaben, und nicht von demokratischen Mehrheiten?

Der Wutbürger: Dadurch, dass Du jedem, der nicht Deiner Meinung ist, das Gleiche schreibst, wird es nicht richtiger. Mir ist der Status Quo tatsächlich lieber als eine Mitbestimmung von Leuten, deren Horizont nicht ausreicht für gewisse Entscheidungen. Vor allem bekomme ich Bauchschmerzen bei Leuten, die selber nichts zu Steuern und Sozialversicherungen beitragen.
[Anmerkung: Offenbar bezieht sich der mir unbekannte Herr hier auf die in meinem Profil zu lesende Info "Momentan und längerfristig unverwertet bei AA D'dorf"]

Meine Wenigkeit (noch heiter): Wenn du meinst, dass dein Horizont für gewisse Entscheidungen nicht ausreicht, kannst du dich ja enthalten.

Der Wutbürger: Hach... du bist ja ein echter Witzbold. Du hast wohl zuviel Zeit. Wie wäre es, wenn Du mal arbeiten gehst? Dann hätte Deine Existenz auch eine Berechtigung.

Meine Wenigkeit (jetzt aber doch angewidert): Ach so, der Herr spricht Arbeitslosen die Existenzberechtigung ab - naja, auf Mitentscheidungen von Nazi-Typen wie dir ist ohnehin geschissen.

Der Wutbürger: Du solltest vorsichtig sein, wie Du andere Leute nennst. Du wirst direkt persönlich , obwohl ich allgemein gesprochen habe. [Anmerkung: Hier irrt der Wutbürger] Wenn Du den Konter nicht vertragen kannst, halte einfach die Fresse. Daran merkt man ja, was für eine Art von Mensch Du bist. Ich habe schließlich nicht die Arbeitslosen angesprochen , sondern nur Deine kleine Wenigkeit. Du gehörst doch bestimmt zu den Menschen, die auf Kosten anderer sich durchs Leben schnorren. Wenn man nicht direkt nach dem Aufstehen kifft, bekommt man auch was auf die Reihe.
[Anmerkung: Dies bezieht sich wahrscheinlich - obwohl das eigentlich nur sogenannte "Freunde" zu sehen bekommen sollten(?) - auf ein Posting vom vergangenen Samstag zum Global Marijuana March 2013...]
Und nur zur Info für Dich Schmalspur- Aktivist. Ich bin politisch aktiv, nur gehst Du von der völlig falschen Farbe aus....

Meine Wenigkeit (stinksauer, aber um Sachlichkeit bemüht): Meine kleine Wenigkeit, die deiner (angeblich unpersönlichen) Aussage nach keine Existenzberechtigung hat, hat den starken Verdacht, dass du den Frust, den du in einer vermutlich üblen und stupiden Acht-Stunden-Tretmühle anhäufst, an vermeintlich(!) noch ärmeren Würstchen auszulassen pflegst, anstatt dir mal darüber Gedanken zu machen, wie wir die vorhandene Arbeit (und auch die Macht und das Geld) in unserer Gesellschaft sinnvoller und gerechter organisieren und verteilen könnten.

Der Wutbürger: Nochmal für Dich kleines Licht. Erstmal hast Du noch nicht mal genug Lebensmut, um Deinen ricchtigen Namen zu nennen.
Dann, wenn Du keine Argumente mehr hast, kommen die typischen Nazi-Sprüche..... Aber natürlich sind die anderen die Bösen. Es ist immer wieder erstaunlich, die am meisten schreien, sind genau der Abschaum der Grsellschaft, die sich auf Kosten der Allgemeinheit einen schönen Tag machen.
Du brauchst Dir um mein Wohlbefinden eirklich keine Sorgen machen. Ich mache mit meiner Arbeit Menschen glücklich. Das hast Du in Deinem Leben wohl noch nie geschafft.

[Anmerkung: Auch hier irrt der Wutbürger]
Aber noch ein kleiner Tipp für Dich... Wenn Du mal was wirklich sinnvolles in Deinem zurück gebliebenen Leben machen willst, helfe ehrenamtlich. Aber das wäre natürlich Arbeit.... Böse Arbeit....

Meine Wenigkeit (mittlerweile leider selbst auf 180): Leute, die andere als "Abschaum" bezeichnen und ihnen die Existenzberechtigung absprechen (und das auch noch, ohne sie zu kennen, aufgrund irgendwelcher Vorurteile), sind Nazis - auch wenn sie zu feige sind, es zuzugeben, oder zu dumm, es selber zu merken.
Du tust mir leid, du armseliges Würstchen; wie unglücklich musst du sein, und wie unschön deine Tage, dass du sogar die Arbeitslosen beneidest - du Arbeits-Loser
:D
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So weit, so unerfreulich - und natürlich hätte ich den unsäglichen Hanswurst, der so stolz ist auf sich und seine Arbeit und so voller exterminatorischem Hass auf minderwertigen, faulen, zurück gebliebenen, lebensunwerten Abschaum ohne Daseinsberechtigung (und voller Neid auf dessen schöne Tage), nicht als "Nazi" bezeichnen sollen, sondern terminologisch korrekt als "Faschisten"; und die Doublette mit dem "arm(selig)en Würstchen" war sicherlich auch keine stilistische Glanzleistung. Aber so geht es eben oftmals zu in den sozialen Netzwerken: zuweilen ist da der Tippfinger schneller als der Hinterkopf...

Eine letzte Anmerkung noch zum "Arbeits-Loser": ich habe extra nochmal nachgekuckt, es ist richtig geschrieben; einen *"Looser" gibt es nämlich im Englischen gar nicht, obwohl er natürlich genau so ausgesprochen wird.

senf dazu



txxx666, 2013.05.10, 00:24

Und schon gibt es eine Fortsetzung - und zwar (ausgerechnet!) auf der Fratzbuch-Seite Echte Demokratie-JETZT! aCAMPada Berlin "Empört Euch!":
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Echter Demokrat Eins: Ich stimme dem Wutbürger zu - auch wenn man natürlich sagen muss, dass in dem Gespräch beide Seiten nicht gerade mit gepflegter Diskussionskultur glänzen konnten

Meine Wenigkeit: Ach, du meinst auch, Arbeitslose sind Abschaum ohne Daseinsberechtigung? Darf ja wohl nicht wahr sein...

Echter Demokrat Eins: Nein, das meine ich nicht. Das hast du gesagt ..aber wenn er sagt, dass er nicht von einer Mehrheit vorgeschrieben bekommen will, was er zu tun und zu lassen haben soll, dann hat er damit recht.. denn die Diktatur der Mehrheit ist nunmal genauso faschistisch wie die Diktatur einer Person.

Echter Demokrat Zwei: Das hat Echter Demokrat Eins überhaupt nicht gesagt. Auch der Wutbürger formulierte keine Aussage Arbeitslose seien Abschaum... So sehe ich das jetzt mal! Gott schütze die Meinungsvielfalt

Echter Demokrat Eins: Im übrigen finde ich auch die Anmerkung des "Wutbürgers" über die ach so gern hervorgekramte "Nazi-Keule" sehr treffend. Jemanden gleich als Fascho zu bezeichnen, nur weil er in den eigenen Augen nicht links/sozial genug denkt, ist ehrlich gesagt ein überaus signifikantes Anzeichen dafür, dass man keine besonders guten Argumente hat

Meine Wenigkeit: @Echter Demokrat Zwei: Ich zitiere nochmal im Original:
"Wie wäre es, wenn Du mal arbeiten gehst? Dann hätte Deine Existenz auch eine Berechtigung." und "Es ist immer wieder erstaunlich, die am meisten schreien, sind genau der Abschaum der Grsellschaft, die sich auf Kosten der Allgemeinheit einen schönen Tag machen."


Meine Wenigkeit: @Echter Demokrat Eins: Du hast eine sehr seltsame Faschismusdefinition - und du meinst allen Ernstes, es macht keinen Unterschied, in einer Hierarchie (mit einem Führer an der Spitze) oder in einer Demokratie zu leben?

Echter Demokrat Zwei: Texte aus dem Kontext reißen tut die Bild auch... Möchtest Du eine Meinung besprechen oder einen Text deklinieren?

Meine Wenigkeit: Es ging mir darum, dass dieser Typ, der mich überhaupt nicht kennt, aus der (zutreffenden) Annahme, ich sei arbeitslos, eine Menge (unzutreffende) Schlüsse zieht, die ihn dazu bringen, mir die Existenzberechtigung abzusprechen - wenn das nicht faschistisch ist, weiß ich's auch nicht.

usw. usw. usw...


Besonders gut gefällt mir die Aussage:
"aber wenn er sagt, dass er nicht von einer Mehrheit vorgeschrieben bekommen will, was er zu tun und zu lassen haben soll, dann hat er damit recht."

So wunderschön bescheuert kann Meinungsvielfalt sein.

Es ist schier zum Verzweifeln.
Der Wutbürger hat mir übrigens mittlerweile "Konsequenzen" angedroht - ich bin sehr gespannt...
senf dazu
 

chat atkins, 2013.05.12, 12:23
Genau genommen handelt es sich bei solchen Überzeugungen ja nicht um 'Nazitum' oder 'Faschismus', sondern um 'Spencerismus', um eine Variante des liberalen Utilitarismus also. Kurz gefasst: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht existieren.

Der Faschismus hebt dagegen auf die 'Rasse' als Ausschlussmerkmal ab, weniger auf die 'Funktion' unnützer Esser. Eine solche Präzidierung könnte dir künftig vielleicht einiges an Ärger ersparen, Spencerist ist meines Wissens bisher noch kein Schimpfwort.

Nun ja - beim klassischen Faschismus steht doch die "gesunde Volksgemeinschaft" im Mittelpunkt, und da finde ich den Wunsch, unwertes Leben auszulöschen (den ich dem oben zitierten Heini ob seiner Wortwahlen einfach mal böswillig unterstelle), schon nicht ganz falsch verortet; ich hätte ihn auch einen "Sozialdarwinisten" schimpfen können, aber dann hätte er sich vielleicht nicht gebührend geärgert.
Die Vokabel "Spencerist" hätte er sicher genausowenig verstanden, wie sie mir zugegebenermaßen bislang geläufig war. Ich finde es allerdings ein pikantes Detail, dass dieser Ultra-Utilitarist ganz in der Nähe von Marx begraben liegen soll, wo sich wahrscheinlich beide regelmäßig umdrehen...

Naja - die 'gesunde Volksgemeinschaft' oder auch Euthanasie-Gedanken gab's schon im Wilhelminismus bei den Wandervögeln, bei den Burschenschaften, der DVP, der DNVP, in weiten Teilen der Professorenschaft, lange bevor es überhaupt Nazis gab. Das ist fast ein '(gut)bürgerliches Gedankengut'. Nicht alles was schlimm ist, ist auch Faschismus.

Faschisten (bzw. faschistisches Gedanken"gut") gab es (zugegebenermaßen meiner privaten Definition nach) doch auch schon lange vor dem entsprechenden Begriff - wobei ich die Wandervögel da nicht in Bausch und Bogen mit einsortieren würde.
senf dazu
 

uwe sak, 2013.05.13, 19:06
Wenn man mal den Vorhang beiseite schiebt, dann merkt man, dass der Wutbürger ein typisch, neoliberales Arschloch ist. Wahrscheinlich ist auch noch stolz darauf, jeden Tag von seinem Herrn einen Tritt in den Arsch zu bekommen.
Ich bin zwar bei einer "totalen Direktdemokratie" skeptisch, weil es viele solche "Wutbürger" gibt. Aber das ist eine andere Debatte. Ich weiß aber nicht, ob es sich lohnt, mit den "liberalen Faschos" zu diskutieren. Da trinke ich doch lieber ein Glas Sekt oder auch eine Flasche "Bölkstoff".

Dass es sich nicht lohnt, merkt man ja leider meistens erst im Nachhinein...
senf dazu
 
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