Ente am Ende
SHABBA
Mittwoch, 16. Oktober 2013, 12:58

Vorgestern hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, mir den Film Der Hobbit – Eine unerwartete Reise anzuschauen. Für die Wenigen, die es noch nicht wissen: es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Prequel, also die Vorgeschichte zum Herrn der Ringe - und tatsächlich, da waren sie wieder: kernige Kerle und komische Käuze, zusammengeschmiedet zu einer "Gemeinschaft der Getreuen", wie sie knietief durch Blut, Fleisch und Gekröse waten, wenn sie sich wieder einmal gezwungen sehen, die Untermenschen (Orks) im Osten aufzusuchen und zu Tausenden abzuschlachten, wozu sie Waffen dabeihaben mit neckischen Namen wie Orkhammer und Orkspalter; die ganze gewaltverherrlichende präpubertär-faschistoide Jungskacke eben, die mir schon Anfang des Jahrtausends (und kurz nach Nine-Eleven) so sehr aufs Gemüt und auf den Geist gegangen ist.
Gipfel der Unverschämtheit ist dabei aber nicht, dass der Film mit einem Cliffhanger endet (denn diese Dreistigkeit hat sich Mr. Jackson ja auch schon in der HdR-Trilogie geleistet, bei der zwar jedermann wusste, dass die Filme in toto längst abgedreht waren, aber brav bis nächstes Weihnachten gewartet hat, dass die Fortsetzung ins Kino kam) - nein, der besondere Beschiss liegt meines Erachtens darin, dass diesmal kein episches Konvolut von über 1.600 Seiten, sondern ein relativ schmales Kinder(!)buch auf insgesamt ca. zehn Filmstunden aufgeblasen werden soll - da kann ich nur auf gut Elbisch fluchen: Noro mi maw pale teliâdhys!*

* "Geht in den Dreck, wo ihr hergekommen seid!"

senf dazu



samuel david herr, 2013.10.22, 04:11
Ihre Meinung in allen Ehren, aber ...

warum sind Cliffhanger dreist? Insbesondere dann, wenn bekannt ist, daß es in jedem Falle eine Auflösung geben wird, sind Cliffhanger überaus effektives Stilmittel, sowohl dramaturgisch als auch ökonomisch.

Cliffhanger OHNE Auflösung, ok, da sehe ich eine gewisse Dreistigkeit .... aber bei den Mittelerde-Filmen ... die nunmal inhaltlich zusammenhängen ... wie sollte man Cliffhanger in Gänze vermeiden?

Abgesehen davon hätten die einzelnen HdR-Filme sehr viel hängiger abschließen können als gehandhabt. Mitten in der Schlacht um Helms Klamm etwa. Wurde nich gemacht. Jeder der Filme schließt meines Erachtens an einem gut gewählten Punkt der jeweiligen Storyarcs ab ("Die Gefährten" unmittelbar nachdem sich die Wege der Gemeinschaft trennen und die Erzählung eine neue Ausrichtung erhält ... "die zwei Türme" unmittelbar vor dem Schwerpunktwechsel Rohan-Gondor).
Daß man die drei Filme nich alle am selben Starttag veröffentlicht hat, ist mehr als nur verständlich bei einem Filmprojekt diesen Ausmaßes. Sind ja nich unbedingt karitativ ausgerichtet, die Interessen Hollywoods.

Uuuuuuund ... Cliffhanger sind doch ganz grundsätzlich nur dann ein Ärgernis, wenn man abfährt auf die Story und nicht erwarten kann, wie's weitergeht. Warum haben also ausgerechnet Sie mit KlippenhängerZ Schwierigkeiten in Bezug auf jene "präpubertär-faschistoide Jungskacke", die Ihnen ganz offenkundig stilistisch äußerst zuwider ist?

Der Cliffhanger ist ein (in meinen Augen auch nur halbwegs legitimes) Stilmittel von Fernsehserien (wiewohl mir erstmals sauer aufgestoßen in den Micky-Maus-Fortsetzungsgeschichten der 1970er Jahre). Während in solchem Falle die Auflösung allerdings bereits nach einer Woche (oder heutzutage oft schon am nächsten Tag) erfolgt, wurde hier ohne Not eine m.o.w. trübe Story in mageren drei Folgen auf zwei Jahre gestreckt, was ich schon ziemlich unverschämt finde.
Vor allem aber erwarte ich von einem Kinobesuch, anders als vom Fernsehkucken, eine in sich geschlossene Darbietung (teuer genug ist sie ja) und nicht die unverhohlene Aufforderung (grenzt ja fast schon an Erpressung), nächstes und übernächstes Weihnachten wieder ins Kino zu gehen, damit sich der diesmalige Besuch gelohnt haben soll.
(Um einen Vergleich zur Oper zu ziehen: der Wagnersche "Ring" ist ja ein ähnlich ausuferndes Projekt, das sich auf vier überlange Opernabende erstreckt und trotzdem (bzw. eben deswegen) in aller Regel (soweit möglich) wenn schon nicht am Stück, so doch "zeitnah" inszeniert wird.)


Nun ... auch TV-Cliffhanger ziehen sich staffelübergreifend über Monate, manchmal sogar Jahre hinweg

... und ... ernsthaft ....

... man wußte von Anfang an, daß die Handlung von "Herr der Ringe" auf 3 Filme verteilt werden würde. Allgemein bekannt das war, juger Jedi. Jedem das gewesen klar.
Wenn man nich auf derlei "Erpressung" steht, fängt man halt garnich erst an, offenkundige Mehrteiler zu guckn und zahlt an der Kinokasse für eine andere, in sich geschlossene Darbietung.
Oder man wartet ein paar Jahre auf den DVD-Release sämtlicher Filme, dann kricht man alle bequem an einem Wochenende durch. Sicherlich werden die Filme mittlerweile auch am Stück hintereinander in Kinos gezeigt, dann und wann.

Kurz gesagt: man handelt mit Bedacht.

Wusste "man" das wirklich von Anfang an? Auf dich und mich mag das zutreffen - aber auch auf all die gerade (oder auch noch nicht) Zwölfjährigen, die damals erwartungsfroh ins Kino gegangen oder mitgenommen worden sind?
Ich jedenfalls habe mich in dem Alter meist noch nicht ganz so umfassend über die zu erwartenden Plots informiert...
senf dazu
 
 schon 865 x druppjeklickt

Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
Das Prinzip Permanentes Plebiszit

We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
Charles Bukowski