Dass die jüngsten Äußerungen des Innenministers zur „Leitkultur“ ziemlich überflüssig, daneben und ein ziemlich unverhohlenes Fischen am äußersten rechten Ufer waren, wurde bereits allgemein festgestellt; daher möchte ich mich hier darauf beschränken, den sprachlichen Mumpitz dieses Herrn mit dem undeutschen Nachnamen anzuprangern, dessen Cousin Lothar damals als letzter Miniprä den Einheitsvertrag mit ausgehandelt und damit die DDR für nen Appel und n Ei (an Birne mit zugestandenermaßen zwei ziemlich dicken Eiern) verschleudert hat.
„Wir sind nicht Burka“, hat de Maizière also geschrieben – passenderweise in der BLÖD, die ja schon 2005 zu verkünden wusste: „Wir sind Papst!“ Was aber seinerzeit schon bescheuert, aber immerhin noch einigermaßen originell war, ist heute nur noch grundfalsch und kotzdoof. Ließ sich die damalige Schlagzeile noch einigermaßen sinnvoll dekodieren in „Einer von uns (Deutschen) ist Papst“, so ist die innenministerliche Minusphrase kaum noch vernünftig in korrektes Deutsch zu übersetzen: „Keiner von uns (Deutschen) ist (eine) Burka“? Quatsch mit Soße (bzw.: formallogisch richtig, aussagentechnisch Nonsens)! „Wir tragen keine Burka“? Er als Mann wohl sowieso nicht. „Unsere Frauen tragen keine Burka?“ Das wäre wohl selbst ihm (auf Außenwirkung stets bedacht) zu sexistisch gewesen. „Deutsche Frauen tragen keine Burka“? Auch das wäre zu bezweifeln, denn warum sollte frau (z.B. im Afghanistan-Urlaub) nicht mal in dieses doch eigentlich ganz bequem wirkende Kleidungsstück schlüpfen?
Und was soll dieses anmaßende „Wir“ denn überhaupt genau bedeuten? Ich jedenfalls, als Mensch mit deutschen Ausweispapieren und Hang zum Unkonventionellen, könnte mir durchaus vorstellen, nicht nur zu Karneval (wo doch eh tausende Scheichs unterwegs sind) mal in so einer Burka einen draufzumachen – würde dann aber wahrscheinlich wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot belangt.
Ganz abgesehen davon, dass die ganze Burka-Geschichte ja längst als Scheindebatte entlarvt ist, da ja hierzulande (und überhaupt außerhalb Afghanistans) niemand mit so einem Sack herumläuft und das ganze oft mit dem Niqab (dem Gesichtsschleier, bei dem aber immerhin die Augen freibleiben und so – nebenbei erwähnt – biometrisch eindeutig erfasst werden können, was den überwachungsgeilen Innenminister doch eigentlich freuen dürfte) oder gar dem Hijab verwechselt wird; stinknormale Kopftücher allerdings trugen und tragen „bei uns“ nicht nur Arbeiterinnen und fromme Frauen, sondern auch modebewusste Damen.
Und falls es doch irgendwann einmal dazu kommen sollte, dass eine zugereiste Afghanin hier aus alter Gewohnheit mit Burka in die Öffentlichkeit treten möchte, dann läge das wohl nicht zuletzt auch daran, dass die Wehrmacht Bundeswehr (Stichwort „Kundus“), die Monsieur de Maizière ja immerhin auch fast drei Jahre lang oberbefehligt hat, nicht unwesentlich zu den Fluchtursachen der Afghanen beigetragen hat.
By the way: Es ist ja schön, dass die aktuelle Kriegsministerin immerhin schon nach dreieinhalb Jahren bemerkt hat, dass in ihrem Verein Rechtsradikale und „falsch verstandener Korpsgeist“ existieren und jetzt sogar etwas dagegen unternehmen will; allerdings besagt doch schon der gesunde historische und soziopsychologische Menschenverstand, dass dort, wo Leute in Uniformen und unter Waffen streng hierarchisch nach dem „Führerprinzip“ für eine Nation zum Krieg ausgebildet und angehalten werden, der Faschismus nicht besonders weit ist...
Allerdings möchte ich anmerken, das mir hierzulande durchaus schon Burkas begegnet sind. Sehr befremdlich. Aber was ist nicht alles befremdlich hierzulande. Ich wüsste gar nicht wo anfangen, aber dafür haben wir ja auch Sie.
Und by the way, solange irgendwie, irgendwas noch immer geht, leiden Sie nicht an Depression, aber das wissen Sie wohl auch selbst ;-)
➥ Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
➥ Das Prinzip Permanentes Plebiszit
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