Ente am Ende
Verbieten verboten...?
Ein paar Gedanken zum heiß diskutierten AfD-Verbot
Dienstag, 6. Mai 2025, 10:07

Nach meinem Verständnis leben wir bekanntlich(?) nicht in einer echten Demokratie, sondern in einer seltsam veralteten (seit 1789 existierenden), aber hartnäckig sich haltenden Vorstufe, genannt "repräsentativer Parlamentarismus", und in diesem System ist es möglich, "verfassungsfeindliche" Parteien zu verbieten (wie es gegen die SRP 1952 und die KPD 1956 vom Bundesverfassungsgericht exerziert und später ein paar Mal auch zurückgewiesen wurde). Bei der Zurückweisung des Antrags auf Verbot der NPD 2017 lautete die Begründung übrigens sinngemäß, diese sei zu unbedeutend - was sich über die AfD heute leider beim besten Willen nicht behaupten ließe.

Nun hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (welches auch ich aus guten Gründen kritisch sehe) kürzlich letztere Partei (die auch ich wirklich für so ziemlich das Letzte halte) in Gesamtheit als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft, und es mehren sich die Stimmen, nun ein Verbot anzustrengen.

Nun ist es eine oft gehörte Plattitüde, dass vielleicht das Personal, nicht aber die Wählerschaft der AfD (die in vielen Gemeinden v.a. in der ehemaligen DDR eine relative und teilweise sogar bereits eine absolute Mehrheit stellt) rechtsextrem sei und viele sie "nur aus Protest" gegen das aus vielerlei Gründen abgelehnte Establishment wählen (wobei ich mich frage, ob solcherlei Protest sich nicht ganz anders, nämlich "linksextrem" artikulieren könnte und sollte). Sicher ist wohl, dass ein Verbot bestimmt nicht dazu beitragen würde, bei den solcherart weiter entmachteten Wählergruppen die vielbeschworene "Politikverdrossenheit" zu beseitigen, und es scheint mir auch nicht unwahrscheinlich, dass nicht unbeträchtliche Teile dieser Klientel (die in autoritär geprägten Strukturen wie Polizei und Militär typischwerweise überrepräsentiert sind) sich durch einen solchen Schritt weiter radikalisieren bzw. den "Tag X" ausrufen würden, also ihre seit langem gehorteten Waffen hervorholen und einen gewaltsamen Putsch versuchen bzw. einen Bürgerkrieg beginnen würden - und in einem solchen Szenario könnte aus einer relativen Minderheit schnell eine qualifizierte Mehrheit werden, dann nämlich, wenn deren Gegner vertrieben oder vernichtet worden sind.

Das Problem der m.o.w. "unkontrollierten Zuwanderung", welches offenbar diese rechtsdrehenden Wähler besonders umtreibt, ließe sich meines Erachtens ohnehin nur lösen (dann aber mit Sicherheit), wenn wir weltweit echte Demokratie und ökonomisch-sozialen Ausgleich herstellen könnten - denn anders als es die rechtsradikalen Rattenfänger immer wieder behaupten, geht es den allermeisten Zugereisten keineswegs darum, "unser Land" zu erobern, sondern darum, ein Stück vom großen Kuchen abzubekommen, um für sich und ihre Angehörigen ein halbwegs lebenswertes Dasein zu ermöglichen.

Bis dahin wäre es immerhin ein erster Schritt, auf staatlicher ("nationaler") Ebene wirklich von allen Betroffenen gleichberechtigt mitdebattieren und mitentscheiden zu lassen, anstatt dies Berufspolitikern und Parteien zu überlassen, die aufgrund angeblicher "Sachzwänge" ohnehin immer nur primär die Interessen der wenigen wirklich viel Besitzenden durchsetzen. Solange dies nicht geschieht, wird wohl leider die Attraktivität der "starken Männer" (und Frauen - s. Meloni, Le Pen, Weidel) und ihrer simplen und gefährlichen nationalistischen "Löungsangebote" noch zunehmen.

Vor diesem Hintergrund würde ich mich im Moment tatsächlich mit erheblichen Bauchschmerzen für ein Parteiverbot aussprechen (und habe auch schon entsprechende Petitionen unterschrieben und weiterverbreitet) - wohl wissend, dass es schon bald auch "linke" (fortschrittliche, das proprietaristische System in Frage stellende) Gruppierungen treffen könnte. Aber ich kann auch verstehen, dass es Leute gibt, welche die AfD von Grund auf ablehnen und trotzdem aus strategischen oder grundsätzlichen Überlegungen gegen ein Verbot sind.

Es gibt eben leider (wie schon Adorno wusste) kein richtiges Leben im falschen...

senf dazu


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Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
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