Ente am Ende
Die Bildung in den Zeiten der Tigerenten
Donnerstag, 30. September 2010, 17:13

Zahlendreher bei den neuen Regelsätzen?! Drauf geschissen - die Summen wurden doch eh so frisiert, wie's grad gepasst hat.
Mich würde allerdings - Stichwort "Bildungsoffensive" - mal interessieren, wie sich 1,39 € für "Bildung" monatlich sinnvoll investieren ließen - vielleicht für ein "John-Sinclair"-Heft?
Nein, schade, geht nicht - die sind inzwischen teurer.
Aber vielleicht gebraucht...?

senf dazu



najud, 2010.09.30, 18:06
..das sind im jahr 2-4 (bestenfalls 10) gebrauchte bücher im jahr, viel mehr liest 'man' im durchschnitt doch nicht. DU liest halt viel zu schnell..machma langsamer..;-))

Ach was - meine Meinungsbildung erfolgt, wie es sich gehört, durch "Rheinboten", "Bäckerblume" und "QVC"...


Die Bildungsrepublik Deutschland ist in den besten Händen!

Man braucht solche banalen Grundlagen wie Lesen, Schreiben, Rechnen halt nicht mehr, das machen wir heute alles mit Compjuuta.

Spass beiseite: die Grundschule, auf die mein Kind geht, führt regelmässig "Wirtschaft" als Projektwoche durch. Da lernen die Kinder dann, wie "die Wirtschaft" so geht.
Mir wäre es ja li
Mir wäre es ja lieber, wenn sie als allererstes lernen, wie man Wechselgeld zählt und nachrechnet, ob das auch stimmt, aber das ist zu viel verlangt. Da geht es dann eher um "Zusammenhänge" und "Wirtschaften im kleinen"- aber ohne Rechnen anscheinend.

Aber die machen ja auch "Computerunterricht" ohne Lesen zu können.

Wohl bekomm's!

Da kommt ja bei mir der böse Verdacht auf, dass es in diesem Fach "Wirtschaft" für Grundschüler vor allem darum gehen könnte, die lieben Kleinen zu braven Konsumenten zu erziehen, deren liebstes Hobby "Shoppen" heißen möge...


Dieser Verdacht ist auch mir schon mehrfach gekommen, aber wird von der Schulleitung vehement bestritten.

Da gibt es übrigens auch einen von Schülern betriebenen Laden, wo man alles mögliche kaufen kann und der massiv beworben wird- die Eltern bekamen sogar Bestellvordrucke in die Hand gegeben.
Ich nenne so was ja Kinderarbeit und finde, das gehört verboten.
Da sollen sie lernen, wie man ein Geschäft führt bzw. wie man einkauft. Alles pädagogisch durchdacht und so :)

Was verkaufen die denn da in dem Laden - die ewigen Kiosk-Dauerbrenner etwa (Alkohol, Rauchwaren und Sexhefte)? ; P


allerlei Schulbedarf und selbstgebastelten Schnickschnack, for den die entsprechende AG Werbung entwirft. Dabei sollen sie lernen, wie man Werbung macht.

Ich bin ja nach wie vor für die werbefreie Schule.

Sie beziehen alles von einem lokalen Schreibwarenhändler und geben die Preise (zumindest sagen sie das) ohne Aufschlag weiter. Das sichert zumindest diesem Schreibwarenhändler einen stetigen Absatz.

Lernen, wie man Werbung macht?! Das finde ich ja, mit Verlaub, das Hinterletzte - unschuldige (?) Kinder in Konsumpropaganda auszubilden...
Aber es passt natürlich in unsere marktradikale Zeit. Wozu noch so etwas Überholtes wie um Objektivität bemühte Berichterstattung oder den argumentativ untermauerten Meinungskommentar lehren, wo doch mit dümmlicher und verdummender Reklame so viel mehr Geld "gemacht" (= in die eigenen Taschen umverteilt) werden kann?


Ja, lernen wie man Werbung macht. Die Schule ist voll von ihrem Konzept überzeugt, sie kriegen auch "sehr viel Zustimmung" von "unseren Eltern".

Den Kindern wird auch imemr wieder erklärt, dass sie, wenn sie ihr Radiergummi vergessen haben, dort ein neues kaufen "können". das wird matramässig wiederholt.

Also, damals, als ich Kind war...
...da sagte die Lehrerin, man möge in diesem Fall seinen Nachbarn fragen, ob man das Radiergummi ausleihen könne.
Wir haben so tauschen und gegenseitige Hilfe gelernt- gibst du mir dein Radiergummi, gebe ich dir meine Schere.

Passt aber nicht mehr in die Zeit.

Na super - es wird also auch noch eine "Mainz Meins-bleibt-meins"- und Wegwerf-Neukauf-Mentalität gelehrt... ganz schön gruselig.
Darf ich mal (zur Untermauerung bzw. ggf. Neuausrichtung der eigenen Vorurteile ; ) fragen, in welchem Bundesland diese Grundschule steht?


Bremen

Oha - im SPD-Stammland?
Aber naja - wer hat uns schon immer verraten? Sozialdemokraten.

Bremen ist seit Jahren PISA-Schlussleuchte und reformiert sein Schulsystem planlos vor sich hin. Statt auf solide Grundlagen (Lesen, Schreiben, Rechnen) zu setzen, müssen ganz dringend ganz viele innovative Projekte her. Und dann kommt nun mal so was dabei raus.

Tjä - klingt tatsächlich nach Innovativitis auf Deibel komm raus; Anzeichen einer bundespolitischen Profilneurose des kleinsten Bundesstaates?

Anzeichen von schwerer Planlosigkeit.

Ausserdem gibt es ein bildungsgrünes Klientel, dass auf bestimmte Stichworte wie "bessere Bildung" und "Zukunft" reagiert, und die fordern diese Konzepte halt ein.
Fremdsprachen möglichst früh, musische Förderung, Motorikschulung etc.
Und die wollen niht nur ihren eigenen Nachwuchs beglücken (das tun alle Eltern), sondern gleich alle anderen mit, damit auch alle die gleichen Chancen haben. Das ist ja ganz lobenswert, aber wenn zB Kinder ganztags in der Schule/KiTa sein sollen, damit sie alle das gleiche können und auch keinen Fall jemand mehr (wäre ja unfair gegen die anderen), dann denke ich, dass hier sehr viele gute Intentionen Amok laufen.

Kurzes Addendum zum Schocken:

ich Mathe-hausaufgaben eines ERSTKLÄSSLERS war heute: Euro-Münzen addieren.

Kann man Rechnen nicht erst mal ohne Geld beibringen? Neutral sozusagen?

Wir hatten damals so kleine Steine, die man aufeinander stecken konnte zum Rechnenlernen. Die Kinder heute haben Übungsmünzen.

ich werde dem Lütten morgen das kaufen, was ich bei meiner Oma zum Rechnenüben auch ahtte: bunte Knöpfe.

Mathe beim Geldzählen erklären- kann sich der Kapitaismus noch besser entlarven?
Beim nächsten Elternabend frage ich mal nach Kapitalismuskritik :)

Sehr gut! Kapitalismuskritik kann gar nicht früh genug gelehrt werden!
Wir hatten meinerzeit im 1. Schuljahr (Düsseldorf 1973) in Mathe noch ein Metallkästchen mit verschiedengroßen, -farbigen und -geformten Plastikplättchen, weil wir damals mit "Mengenlehre" angefangen haben - auch ein längst vergessenes Kuriosum moderner Grundschulpädagogik...
Vor allem finde ich, wenn Sechsjährige schon mit Münzen lernen sollen, dann doch bitte erstmal mit Cent!!! ; )


Ich fand Mengenlehre toll. Das, was da in der Grundschule passierte, hatte angeblich nichts mit dem, was Mathematiker unter "Mengenlehre" verstehen, gemein, aber es trainiert das logische Denken.

Heute lernen sie halt Geld zählen.

Ich kann mich offen gestanden nicht mehr richtig erinnern, fand aber dann die abrupte Einführung der Zahlensymbole im 2. Schuljahr wohl ziemlich zusammenhanglos zum vorher Gelernten, wo nur Mengendiagramme mit Punkten und Kreisen gemalt wurden.

senf dazu
 
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