Ente am Ende
Sehr aufschlussreich!
Montag, 7. Februar 2011, 06:57

Wenn man - wie ich an diesem Wochenende - mit schlimmem Schnupfen und fettem Fieber schlaflos darniederliegt, kommen einem schon manchmal merkwürdige Ideen; und so habe ich justament beschlossen und auch bereits begonnen, die gesamte Bibel von A bis Z (bzw. von Alpha bis Omega) durchzulesen.
Da gibt es u.a. die Geschichte (Einigen sicher eher von Thomas Mann vertraut) über Josef, Lieblingssohn von Jakob/Israel, den seine eifersüchtigen (Halb-)Brüder nach Ägypten verkaufen, wo er auf Umwegen dank seiner weissagerischen Fähigkeiten (Stichwort: sieben fette und sieben magere Kühe/Jahre) vom Pharao zum ersten Mann im Staate ernannt wird und nach einigem Hin und Her auch seine ganze Sippschaft nachholt: Aber Josef ließ seinen Vater und seine Brüder in Ägyptenland wohnen und gab ihnen Besitz am besten Ort des Landes (Gen 47:11).
Es folgt der aufschlussreiche Abschnitt Die Ägypter verkaufen ihre Habe und sich selbst dem Pharao: Es tobt nämlich gerade die große landesweite Hungersnot (die geweissagten sieben mageren Jahre), für die Josef vorsorglich in den vorangegangenen sieben fetten Jahren reichlich Vorräte hatte anlegen lassen, die er jetzt den Ägyptern und Kanaanitern verkauft. Als diese nun kein Geld mehr haben, verlangt Josef ihnen ihr gesamtes Vieh ab. Und als die Dürre noch weiter wütet, da flehen die darbenden Ausgeplünderten ihn tatsächlich am Ende an: Kaufe uns und unser Land für Brot (Gen 47:19), und so geschieht es dann auch: Josef kaufte also das ganze Ackerland der Ägypter für den Pharao auf (...) Das Volk aber machte er ihm leibeigen von einem Ende Ägyptens bis zum andern (Gen 47:20-21).
Josef und die Spekulationen mit Menschen und Ackerland... wundert es irgendwen, dass ich da sofort an unseren bösen alten Josef Ackermann* denken musste?
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* Dessen jüngste Prophezeihung (für die Deutsche Bank) lautet übrigens passenderweise: 2010 war ein Jahr des Säens, 2011 soll ein Jahr des Erntens werden!
Wie erfreulich...

senf dazu



cassandra_mmviii, 2011.02.07, 12:28
"Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon" (Mat 6, 24)

Sagt alles.

Ich lese übrigens auch von vorne bis hinten. Jeden Tag 3 Kapitel und man soll angeblich durchkommen in einem Jahr.

Reschpäckt, Ihr!! Ich hab dieses Anliegen immer wieder aufgegeben, weil einige ("um nicht zu sagen: manche!") Kapitel derartig dröge sind und wahrscheinlich nur noch von jüngsten appendicees zum Steuerrecht getoppt werden - gedruckt ebenfalls in 4p auf dünndruck und mit negativem zeilenabstand..;-)

Aber schön, ich kann mir dann ja später die wichtigsten Kapitel empfehlen lassen!

Ich lese die von JRR Tolkien mitübersetzte Version und zwar keinesfalls in 4p auf Reclam-Papier, sondern in Schönausgabe!

Besonders empfehlenswert: die Liebesgeschichte zwischen Rahel und Jakob.

@cassandra: Die Liebesgeschichte zwischen Rahel und Jakob?! Du meinst, dass Jakob bei seinem Onkel Laban erst sieben Jahre schuften musste, nur um dann in der Hochzeitsnacht NICHT zu bemerken, dass dieser ihm statt der begehrten Rahel deren ältere (und hässlichere) Schwester Lea untergeschoben hatte - woraufhin Jakob nochmal sieben Jahre Frondienst leisten muss, um Rahel zu kriegen (Gen 29:16-25)? ; P

@chudn: Aber, aber - du wirst doch nicht etwa eine spannende und erregende Aufzählung wie folgende in Gen 46:8-25 ermüdend finden?!
8 Dies sind die Namen der Söhne Israels, die nach Ägypten kamen: Jakob und seine Söhne. Der erstgeborene Sohn Jakobs: Ruben.
9 Die Söhne Rubens: Henoch, Pallu, Hezron und Karmi.
10 Die Söhne Simeons: Jemuël, Jamin, Ohad, Jachin, Zohar und Schaul, der Sohn der Kanaaniterin.
11 Die Söhne Levis: Gerschon, Kehat und Merari.
12 Die Söhne Judas: Er, Onan, Schela, Perez und Serach. Aber Er und Onan waren gestorben im Lande Kanaan. Die Söhne aber des Perez: Hezron und Hamul.
13 Die Söhne Issachars: Tola, Puwa, Jaschub und Schimron.
14 Die Söhne Sebulons: Sered, Elon und Jachleel.
15 Das sind die Söhne der Lea, die sie Jakob gebar in Mesopotamien, dazu seine Tochter Dina. Die machen zusammen mit ihren Söhnen und Töchtern dreiunddreißig Seelen.
16 Die Söhne Gads: Zifjon, Haggi, Schuni, Ezbon, Eri, Arod und Areli.
17 Die Söhne Assers: Jimna, Jischwa, Jischwi, Beri, dazu Serach, ihre Schwester; und die Söhne Berias: Heber und Malkiël.
18 Das sind die Söhne der Silpa, die Laban seiner Tochter Lea gegeben hatte, und sie gebar Jakob diese sechzehn Seelen.
19 Die Söhne Rahels, der Frau Jakobs: Josef und Benjamin.
20 Und dem Josef wurden geboren in Ägyptenland Manasse und Ephraim, die ihm Asenat gebar, die Tochter Potiferas, des Priesters zu On.
21 Die Söhne Benjamins: Bela, Becher, Aschbel, Gera, Naaman, Ehi, Rosch, Muppim, Huppim und Ard.
22 Das sind die Söhne der Rahel, die Jakob geboren wurden, zusammen vierzehn Seelen.
23 Der Sohn Dans: Schuham.
24 Die Söhne Naftalis: Jachzeel, Guni, Jezer und Schillem.
25 Das sind die Söhne der Bilha, die Laban seiner Tochter Rahel gegeben hatte, und sie gebar Jakob diese sieben Seelen.


Er mus Rahel geliebt haben, denn sonst hätte er Laban gesagt "Du Sepp hast mir die Falsche gegeben, ich mach mich vom Acker" statt "okay, das ganze von vorne".

Und als er sieht, wie unglücklich Rahel ist, bettet er lieber Leah, die er ja gar nicht wollte, und die beiden Mägde noch dazu.

Zugestandenermaßen. Trotzdem darf eine Frau in der Hochzeitsnacht doch wohl erwarten, vom liebenden Gemahl nicht mit einer Anderen verwechselt zu werden...?
Übrigens: welche Übersetzung ist denn das, wo Tolkien mitgewirkt haben soll? Etwa eine in Englisch?

genau tx, exakt dieser und vieler anderer stellen wegen.. ich gebe aber zu: das ist keine ausrede, daher nähm ich lieber die hier zur hand:
http://www.jokers.de/3/15593707-2/buch/die-kinderbibel.html
(@ cassandra: dann haut das mit dem jahr auch auf jeden fall hin!)

Der Herrr Tolkien wirkte an einer englischen mit, der Jerusalem Bible. Um genau zu sein: an den poetischen Passagen des Alten Tesamentes.
Meine Englisch-Dozenten, der noch Vorlesungen bei Tolkien himself gehört hatte, fand die "verräterischen"Stellen sofortbeim Aufschlagen.

Die habe ich neben dem Bett liegen. Hier unten habe ich die Einheitsübersetzung.
Da muss ich zwar dran denken, das Lesezeichen umzupacken, wenn ich in der anderen weitergelesen habe, aber das scheint bisher zu klappen.
senf dazu
 

txxx666, 2011.02.08, 13:15

Update Bibelstudium: Wenn ich da im Buch Exodus gerade lese, was der Herrgott der Israeliten den armen Ägyptern so alles angetan hat, wundert es mich nicht, dass der Staat Israel (der sich ja auf solche Geschichten beruft) dort unten nicht allzu beliebt ist...


Du verstehst da was falsch: leg dich nicht mit Israel an, dann geht es dir gut.

Wenn der prähistorische Alleinherrscher gleich gemacht hätte, um was Moses so nett bat (Reisefreiheit!), dann wäre der ganze Zirkus nicht passiert.

Aber da konnten die ganzen anderen Ägypter ja auch nix dafür, was der Pharao da für Scheiß baute...

Und die Moral aus der Geschicht:
stürz den Pharao, dann passiert so was nicht!

Da wird's aktuell...
Ich zitiere aber auch noch einmal voll Empörung Ex 12:35-36:
Die Israeliten taten, was Mose gesagt hatte. Sie erbaten von den Ägyptern Geräte aus Silber und Gold und auch Gewänder.
Der Herr ließ das Volk bei den Ägyptern Gunst finden, sodass sie auf ihre Bitte eingingen. Auf diese Weise plünderten sie die Ägypter aus.

Das wäre doch nun wahrlich nicht nötig gewesen, oder?


Lohnnachzahlung durch die Leute, die vorher Nutzniesser der Sklavenarbeit gewesen waren.

Aber diese Sklavenarbeit - die ja, nebenbei (und oben schon mal) erwähnt, der Patriarch Josef eingeführt hatte - mussten doch die einfachen Ägypter ebenso leisten...

die waren aber Staatsvolk und bekamen vom Pharao dafür Rationszuteilungen.

Echt? Wo steht das?

Nicht in der Bibel :)

ich lese gelegentlich noch andere Bücher. Lass mir 'ne Weile Zeit, den Nachweis über die Zuteilungen in Ägypten zu finden.

Die frühen Staaten inMIttelmeergebiet sind in erster Linie Redistributionssysteme. Das geht so weit, dass die gesamte Ernte dem König (oder wie auch immer der heisst) gehört, der sie dann weiterverteilt.

In Kreta und Knossos gibt es die mega-grossen Vorratsräume, weil derKönig seine Volk versorgen muss. Tut er das nicht, haben ihn wohl die Götter verlassen (oder mit Weber ausgedrückt: er hat sein Charisma verloren).
Das Staatsvolk bekommt übrigens auch einen Anteil an der Kriegsbeute.

Noch in Rom hatte jeder römische Bürger ein Anrecht auf eine tägliche Getreide- und Ölzuteilung. Das meint der Herr Westerwelle dann wohl mit "spätrömischer Dekadenz"...

Die positive Seite der Despotie...

Zum Staat als Redistributionssystem mit Staatsvolk als Begünstigten siehe:
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft
Stefan Breuer, Der archaische Staat.
senf dazu
 

mari.anne, 2011.02.15, 15:16
Ich empfehle, mit dem *Neuen Testament* anzufangen :-) Gruss. Marianne

Tja, zu spät - aber ich wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass dort weniger Befremden auf mich warten würde ; )

weniger Befremden? Na ja, komm erst mal in der Offenbarung an....

ich musste vor vielen jahren mal ein Referat dadrüber halten.
"Hier wird es dann ein bisschen wirr. Auf jeden Fall sterben sehr viele Leute und es fliesst jede Menge Blut, also weiter lesen lohnt sich" war nicht unbedingt der Höhepunkt meiner akademischen Karriere. Bedenklicherweise habe ich den Schein trotzdem bekommen....

@ Offenbarung

"Welchem Schicksal geht die Welt in Kürze entgegen?" ......... Eine Reihenfolge von Geschehnissen, die der gegenwärtigen Welt bis zu ihrem Ende in Kürze, bevorstehen. Die Gegenwärtige Generation ist die Letzte auf Erden, bevor alles untergeht, um dann in einem Nu aus der Liebekraft Gottes neu zu entstehen.

http://www.scribd.com/doc/48049227/236-Welchem-Schicksal-geht-die-Welt-in-Kurze-entgegen
.

Dann werden wir wenigstens sagen können: wir sind dabeigewesen!
(Aber wem sagen wir das denn dann?)
senf dazu
 
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Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
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We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
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