Ente am Ende
Unser Grauer Star für Baku
Freitag, 17. Februar 2012, 10:25

Eigentlich wollte ich meinem undifferenziertem Wutausbruch von gestern Abend heute noch einen ausführlichen Beitrag hinterherschicken und darin das Elend der Castingshows, die Abzockerei des "Televotings", das Phänomen des Eurovision Song Contest (vormals Grand Prix Eurovision de la Chanson), die Unzulänglichkeiten der Moderation und der Jury sowie die Belanglosigkeit der Kandidat_innen (im Vergleich zur Ausnahmeerscheinung Lena Meyer-Landrut) einer historischen, soziologischen und medientheoretischen (und natürlich knallharten und schonungslosen) Analyse unterziehen; doch dann dachte ich mir: Wozu? Wieso sollte ich meine reichlich bemessene und doch (subjektiv bzw. neudeutsch "gefühlt") wertvolle Muße an einen derart nichtigen und zeitverfallenen Mumpitz vergeuden? Weshalb solche Liebesmüh, wenn das Ganze dann sowieso kaum wer lesen wird? Und warum bekommen eigentlich anderswo Leute für derartige (oft auch noch schlampig recherchierte) Artikel ganze Seiten in sogar halbwegs seriösen Blättern wie SZ, Zeit oder FAZ eingeräumt?
Statt dessen habe ich mir erlaubt, dem erstaunlich (um nicht zu sagen: erschreckend) umfangreichen Wikipedia-Artikel "Unser Star für Baku", der vermutlich hauptsächlich von subalternen Mitarbeitern der Veranstalter (Pro 7 und NDR) gepflegt wird, die längst überfällige Rubrik "Kritik" hinzuzufügen und mit ein paar (vorläufigen und ergänzungsbedürftigen) Inhalten zu füllen.
Ein paar letzte Worte noch über die unrühmliche Rolle der ARD in dieser ganzen Angelegenheit: Die Tatsache, dass der NDR sich ein sogar recht deutliches Statement zur unguten Menschenrechtssituation in Aserbaidschan leistet und dies sogar auf seiner USFB-Seite verlinkt, mag als Ausdruck kritischer Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen betrachtet werden; wir könnten es aber auch (und dies tue zumindest ich) angesichts der Tatsache, dass in den eigentlichen Shows keine Silbe über diese Missstände verloren wurde, als Gipfel der Heuchelei ansehen. 1969 blieb Österreich dem Wettbewerb in Madrid aus Protest gegen die in Spanien herrschende Franco-Diktatur fern, lesen wir bei Wikipedia - was im Umkehrschluss heißt, dass alle anderen (u.a. die BRD) sich damals den Spaß von Folter und Mord nicht verderben ließen. Heute dagegen wird fleißig Kasse und Quote gemacht und nebenbei bzw. hinterher statt zu einem Boykott scheinheilig dazu aufgerufen, die Interpret_innen mögen doch bei ihren Auftritten in Baku ein paar kritische Worte verlieren...
Pfui Teufel!

senf dazu



herzbruch, 2012.02.17, 21:22
sie sprechen mir aus der seele. ich wollte ja schon nach dem halbfinale angewidert verbloggen, wie schlimm dieses konzept geworden ist, wie belanglos, wie durchschnittlich im vergleich zu vor 2 jahren, doch aus ermangelung von koerperkraft und interesse dachte ich mir dann: was solls.
sehr wahr.

Liebe Frau Herzbruch,
ich habe zuweilen den Verdacht, als seien wir (zumindest ein bissken) seelenverwandt. Darf ich Ihnen (im Rahmen einer virtuellen Bruderschaftstrinkerei und auch, weil jrade Karneval ist - "Hütt dommer drööwer laache") in aller Form das "Du" anbieten? : )

helau. und sach doch watte wills, doooh.
;)

Genau, so wird's gemacht.
(Und nach alter Tradition könnten wir ja heute am Aschermittwoch bis auf weiteres wieder zum bewährten "Sie" zurückkehren... ; )
senf dazu
 
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