Ente am Ende
Meine Vermieterin*, die Nachbarn und ich
Skizze einer zunehmenden Entfremdung
Dienstag, 10. September 2013, 16:11

Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben,
Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.
**
Friedrich Schiller
(Wilhelm Tell IV,3)

Ende Januar 2003: Abschluss des Mietvertrages

Mitte März 2003: Einzug

Juni/Juli 2006: Drei Abmahnungen („überhöhte Lautstärke“) innert eines Monats; nicht – oder nicht nur – dem WM-„Sommermärchen“ geschuldet, sondern lautstarken und z.T. handgreiflichen Auseinandersetzungen mit der – damals psychisch akut erkrankten – Noch-Gattin und der psychisch ebenso labilen (daraufhin Ex-)Freundin

Mitte bis Ende 2011: Weitere – diesmal auch schon „letzte“ – Abmahnungen wegen werktäg- bzw. -nächtlicher Ruhestörungen, durch mehrseitige und über neun Monate führende „Lärmprotokolle“ belegt; seltsamerweise hatte sich aber mit einer einzigen, freundlich verlaufenen Ausnahme nie ein Nachbar bei mir persönlich beschwert (ein- oder zweimal standen allerdings auch nächtens die Bullen vor meiner Tür), weshalb ich einen „offenen Brief“ mit entsprechender Bitte und meiner Telefonnummer ins Treppenhaus hängte

ab Mitte Februar 2012: Mehrmonatiger Verzicht auf Alkohol, u.a. bzw. v.a., um die Wohnung nicht wegen dieser Exzesse zu verlieren

Mitte bis Ende 2012: Neuerliche nächtliche Besuche, vorerst ohne spürbare nachbarschaftsunverhältnismäßige Folgen

22. März 2013: Persönliche (und unfreundliche) Beschwerde eines Nachbarn um die Mittagszeit: durchs Treppenhaus würden „Cannabisschwaden“ ziehen; Minuten darauf Anschiss meiner Vermieterin auf Anrufbeantworter, nun sei die fristlose Kündigung fällig; wiederum nur Minuten darauf Stippvisite des (sehr entspannten) Hausmeisters (welcher allerdings im Nebenhaus wohnt); rätselhafterweise keine weiteren Konsequenzen

31. August 2013: Morgendliche (freundliche) Beschwerde meines Nachbarn von oben (Bruder des erwähnten entspannten Hausmeisters); Musik leiser gestellt

08. September 2013: Nach nächtlichen und offenbar allzu lautstarken Besuchen von Donnerstag bis Samstag fristlose Kündigung (am Sonntag, per Mail!) sowie Androhung der Räumungsklage mit einstweiliger Verfügung wegen gesundheitlicher Gefährdung der Mitbewohner (Cannabis) und Anzeige wegen volksverhetzender Lieder (die aufgezeichnet sind) – damit sind wohl Arbeiterlieder wie die „Internationale“ gemeint...

Das Ende ist nah!
________________________________________________________________
* Exakt: Objektverwalterin der hiesigen Eigentumswohnungen
** Der böse Nachbar bin zugestandenermaßen offensichtlich ich

senf dazu



uwe sak, 2013.09.10, 16:51
Schmeiß da eine Bombe rein, hätte ich jetzt beinahe geschrieben. Oh, hab ich ja jetzt. Aber lieber Herr Staatsanwalt, so wörtlich ist das nun auch nicht gemeint. Was ist das denn für ein Pack. Volksverhetzende Lieder. Du kannst soviel Arbeiterlieder singen wie Du willst.
Und alles weiter siehe mal entspannt. In die Obdachlosigkeit können die Dich nicht entlassen. Versuchs mal mit einer Genossenschaftswohnung. Da sollte man nicht auch immer zu laut sein, aber die sind meistens nicht so scharf wie private Vermieter.

Tja, ich würd's auch gerne entspannt sehen - fühle mich allerdings (auch gegen mein laien-juristische Einschätzung) existentiell bedroht...

*schluck* Scheisse.

Frage: Wenn mich meine paar Brocken Juristendeutsch nicht trügen, müssen Kündigungen stets schriftlich ausgesprochen werden, zumindest bei Mietverträgen; ergo: reicht eine elektronische Kündigung überhaupt? (Schriftlich ist noch das ganz altmodische Zeugs mit Papier und so...)

(Und eine persönliche Frage: Haben Sie da wirklich so viel Rambazamba gemacht? - Wirklich "schlimm" lesen sich Ihre "Verstöße" da jetzt nicht, zumal unter Berücksichtigung der zeitlichen Abstände...)

Ich vermisse übrigens auch ein bisschen die Volksverhetzung (selbst, wenn es anderes Liedgut wäre: Ich bezweifle, dass da jemand wird nachweisen können, dass das extra zur Beschallung der Nachbarschaft aufgedreht, ergo volksverhetzend gewesen ist. Das ist dann einfach nur zu laute Musik, mehr aus meiner Sicht aber nicht. - Wenn die GEMA vor der Tür gestanden hätte, dann könnte man ganz eventuell von Außenwelt etc. reden).

Für den Fall der Fälle:
Prozesskostenhilfe ist eine feine Sache.
(Räumungsklage ginge theoretisch - meines Wissens nach muss aber zusätzlich zum Lärmprotokoll noch diverse Male Ordnungsamt etc. vor der Tür gestanden haben und ich lese nur von einem Polizeibesuch... Wenn es natürlich viele Zeugen gibt... Aber wie wirklich "viel" liest sich das jetzt nicht.)

Ich würde jetzt zwar nicht abwarten und Tee trinken, aber abwarten und mich mal kundig machen...

Kundig zu machen versuche ich mich natürlich - und zumindest stimmt laut Mietrechtslexikon folgendes:

Die Kündigung bedarf zwingend der Schriftform ( § 568 Abs 1 BGB).
Eine mündliche Kündigung, Kündigung per SMS, E-Mail oder Telefax ist - da nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entsprechend - gem § 134 BGB nichtig.


Da bislang kein entsprechender Brief (Einschreiben ist wohl nicht erforderlich) eingegangen ist, hege ich die wachsende Hoffnung, dass es sich bei der Mail (wie bei dem beschriebenen Anruf im März) um eine vorschnelle Aktion bzw. einen "Warnschuss" der (in Aachen ansässigen) Objektverwalterin handelt - rechne aber natürlich trotzdem damit, über kurz oder lang diese schöne Bleibe (die leider aber auch immer wieder unerzogenen Besuch anzieht, dessen ich mich aus falschverstandenem Gastgeber-Ethos kaum zu entziehen vermag) verlassen zu müssen; und als Hartzvieh in Düsseldorf eine bezahlbare (bzw. vom A-Amt übernehmungsfähige) Bude zu finden, ist nahezu aussichtslos...


Ach eine 'Objektverwalterin'...

die will dich vermutlich raus haben und die Bude neu & teurer vermieten, weil dann ihre Prämie steigt. Aber ist zu schissig was richtiges anzustellen (da sie ja rechtlich auch nichts hat) und hofft, das du feige vorsorglich selber kündigst/was neues suchst.

Fakt ist selbst mit Räumungsklage (wenn du entsprechend Widerspruch einlegst) hast du ohne Probleme wenigstens nen 1/2 Jahr drin zu bleiben bzw. die Räumung abzuwenden.

Im Grunde solange du Miete zahlst kann sie dir gar nix. Eines der wenigen Gebiete deutschen Sozialrechts, das noch nicht kapitalisiert wurde...

So langsam glaub ich das auch - hab jedenfalls (Stand Mittwoch Mittag) immer noch nichts rechtsverbindlich Schriftliches...

Das muss ja eigentlich gefeiert werden: mit ein paar fetten Joints und volksverhetzendem Liedgut bis zum Anschlag :D

Wäre mir jetzt aber neu, dass die Kifferei als Grund für eine Kündigung herangezogen werden kann.

Was anderes ist das mit dem Lärm. Gegen das Absingen von Arbeiterliedern hätte ich ja nichts (sondern hätte es als äußerst erholsam empfunden, wenn die stumpfen Neonazi-Backen von gegenüber das während ihrer Wohnkarriere dort einmal hingekriegt hätten...). Aber ich habe mich oft genug auch schon auf der anderen Seite in der Lärmbelästigungsnummer befunden, um bescheinigen zu können, dass Dauerlärm wirklich an die Substanz gehen kann. Nun weiß ich nicht, was genau Sie da so von sich gegeben haben und wie die Umstände sind (weil ja z.B. papierdünne Wände auch den leistesten Furz zu sonorem Gebrumm verunstalten können). Aber dass das Ihre Mit-Hausbewohner als Belastung empfinden können, das kann ich (auch auf die Gefahr hin, damit jetzt als spießige Tante wahrgenommen zu werden) schon nachvollziehen. Man kann letztlich durch Dauerbeschallung auch so weit kommen, dass einem schon der Kamm schwillt, wenn sich auch nur ansatzweise abzeichnet, dass der Pegel in Kürze ansteigen wird.

Was ich also nicht verstehe: Sie haben's doch weitgehend selbst in der Hand, als wie lärmbelastend Ihre Nachbarn Sie empfinden. Wäre das Recht auf nächtliche Lärmerei Ihnen mehr wert als die bezahlbare, offensichtlich für Sie genau passende Wohnung?

Das Problem ist ja, dass ich (auch wegen einer schon in Jugendtagen erworbenen Schwerhörigkeit) nur schwer abschätzen kann, wieviel Lautstärke bei den Nachbarn ankommt, diese (bzw. einige davon) es aber aus mir unbekannten Gründen offenbar vorziehen, sich nicht direkt bei mir (was die Belästigung sofort beenden würde), sondern Tage oder gar Monate später bei der Objektverwalterin zu beklagen...


Das kann ich gut nachvollziehen, weil ich zeitweise mit einem Hörproblem geschlagen war, das mir ganz ähnliche Probleme bereitete.

Und Beklagen hintenrum ist natürlich immer unschön. Allerdings gab es in meiner Nachbarschaft auch schon Menschen, bei denen ich von Beginn an das Gefühl hatte, dass direktes Beklagen nichts bringen würde (und die haben definitiv einen anderen Schaden als einen das Gehör betreffenden). Dass das ein subjektiver Eindruck ist, ist mir bewusst. Aber vielleicht gibt es im Haus ja Personen mit Berührungsängsten? Letztlich bleibt aber natürlich auch noch die (wie ich finde von Murx nicht allzu weit hergeholte) Mutmaßung, dass sich die Objektverwalterin die Belastung/Belästigung größer redet, als sie ist, um Sie loszuwerden. Vielleicht bleibt da als einziges Mittel, Ihrerseits die Belastung wieder auf ein normales Maß zurückzureden?

Berührungsängste - wegen der volksverhetzenden Musik vielleicht? ; )
Könnte natürlich sein - aber wenn ich meinen Nachbarn im Treppenhaus begegne, grüßen sie jedenfalls immer ganz artig zurück.

Naja, ich hätte wohl bei Ihrer Art der Volksverhetzung eher keine Berührungsängste-... ;-) Das Problem ist, dass das wohl nicht für alle gilt.

Aber mal ernsthaft, wäre es nicht möglich, bei so einer Begegnung im Treppenhaus mal die Sprache darauf zu bringen?

Wäre es wohl - allerdings sind solche Begegnungen eher selten und kurz, weil ich im Erdgeschoss wohne (und obendrein etwas schüchtern veranlangt bin) :P

Dann fabrizieren wir Ihnen ein T-Shirt, auf dem steht: "Ich weiß, ich habe meine Macken. Ich bin schüchtern, bitte sprechen Sie mich darauf an!" ;-)

Liest sich gut. Und mal ehrlich - ich möchte ja auch nicht alle potentiellen Beschwerdeführer von mir aus ansprechen und damit womöglich schlafende Hunde wecken... ; )
senf dazu
 
 schon 1411 x druppjeklickt

Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
Das Prinzip Permanentes Plebiszit

We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
Charles Bukowski