Heute ist es 50 Jahre her, dass die Polizei in West-Berlin eine Demo gegen den Folter-Schah von Persien mittels brutalster "Leberwursttaktik" auflöste, dabei den Romanistik- und Germanistik-Studenten Benno Ohnesorg gezielt und ohne Anlass erschoss und diesen Mord anschließend gut kameradschaftlich vertuschte.
Gerade zwei Tage ist es erst her, dass die Polizei in Nürnberg Jugendliche, die sich der Abschiebung eines Mitschülers in das (wohl doch nicht ganz so) "sichere Herkunftsland" Afghanistan entgegenstellten, mit massiver Gewalt, Pfefferspray und Schlagstöcken traktierte und dies hinterher als gerechtfertigt darstellte.
Manches ändert sich offenbar (wenn überhaupt) nur sehr langsam...
Nicht umsonst ist ja der Seehofer beliebtester Politiker bei AfD-Spasseln...
Abschiebung trotz Integration Bayern nimmt Firmen die Azubis weg
Ein Unternehmen findet nach langer Suche endlich einen Azubi, einen Flüchtling - wenig später folgt der Abschiebebescheid. Das Integrationsgesetz sollte solche Fälle vermeiden. Doch Bayern unterläuft die Regelung.
Im Artikel, der bereits Anfang des Jahres erschien, steht auch, dass Bayern versucht, die anderen Bundesländer dafür zu gewinnen.
Die 3+2-Regelung besagt, dass wer eine Ausbildung macht, in der Zeit ein Bleiberecht hat, und wenn der Betrieb anschließend die Person übernimmt, dann nochmals für zwei weitere Jahre (bei Nichtübernahme hat die betreffende Person sechs Monate Zeit, in dem erlernten Beruf eine Stelle woanders zu finden). Wer nach diesen fünf Jahren erneut einen Arbeitsvertrag hat, muss zwar unpraktischerweise in sein Herkunftsland reisen, um dort ein Visum zu beantragen, hat aber mit dem Vertrag auch die Chance, ein Visum zu bekommen.
Ich weiß von einigen Fällen, in denen Unternehmen sich sehr konkret für ihre Azubis aus Afghanistan usw. einsetzen. Ein kleines IT-Unternehmen hat mit einem deutlichen Brief bei der Ausländerbehörde bewirkt, dass bei dem jungen Afghanen nicht jedes Jahr die Duldung überprüft, sondern länger bewirkt wird (damals galt die 3+2-Regelung noch nicht), und er zudem den Führerschein machen darf - was man als Geduldeter nicht darf. Die Mitarbeiter eines Logistikunternehmens haben Geld zusammengelegt, damit deren afghanischer Azubi in spe ein Fahrrad bekommt, außerdem bezahlen die ihm auch noch den Anwalt, nachdem jetzt sein Asylantrag abgelehnt wurde. Den Ausbildungsvertrag hat das Unternehmen übrigens trotzdem abgeschlossen.
Von einem Transportunternehmen weiß ich, dass die einem 30-jährigen Syrer, der im September eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer beginnt, den PKW-Führerschein bezahlt, der Voraussetzung dafür ist. Von einem Speditionsunternehmen ist mir bekannt, dass es - bevor das neue Integrationsgesetz verabschiedet wurde - drei Syrern den Deutschunterricht und die PKW-Führerscheine bezahlt hat. Alle drei Männer waren schon Ende 20, Anfang 30.
Bayerns folgenschwerer Sonderweg bei der Integration
Denn die Abschiebung von Azubis empört Firmen schon seit geraumer Zeit.
Und in Hessen fordern Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsagentur, der Schutz vor Abschiebung müsse auch schon während einer Einstiegsqualifizierung gelten, denn eine EQ soll schließlich in einem Ausbildungsverhältnis münden.
Wenn es irgendwann einmal eine halbwegs gerechte weltweite Verteilung von Bodenschätzen und Produktionsmitteln geben sollte, wären auch all diese Probleme vom Tisch. Bis dahin sehe ich keine andere Lösung, als allen Menschen - ohne Ansehen von Herkunft oder Staatsangehörigkeit - die gleichen Rechte (auf Einreise, Aufenthalt, Freizügigkeit und Arbeit) zuzugestehen; selbst wenn dies zu unabsehbaren (aber vielleicht am Ende sogar positiven?) Folgen führen könnte oder wird.
Die Alternative wäre (bzw. ist ja schon) ein gigantisch aufgeblähter Verwaltungs-, Überwachungs- und Repressions-Apparat...
Das ist eine gute Methode, um hierzulande der AfD zu einer absoluten Mehrheit zu verhelfen und Deutschland bei den anderen EU-Staaten vollends unbeliebt zu machen.
Abgesehen davon würde es gesellschaftlich leider auch nicht funktionieren. Als was sollten all die Zuwanderer denn hier arbeiten? Dass es hierzulande immer weniger Arbeit für Ungelernte gibt, haben Sie doch sicherlich mitbekommen. Selbst wenn sie Berufserfahrung mitbringen, nützt das oft nichts. Viele der Berufsbilder hierzulande sind sehr komplex und entsprechen nicht den Berufsbildern in den Herkunftsländern. Wer beispielsweise in Syrien in einer Autowerkstatt gearbeitet hat, kann hier trotzdem nicht ohne Weiteres als Kfz-Mechatroniker arbeiten, ja oft nicht einmal die Ausbildung dazu machen, weil er die nötigen Voraussetzungen dafür nicht mitbringt.
Und da haben wir noch nicht einmal über die Digitalisierung der Arbeitswelt gesprochen. Die wird schon für viele hier ausgebildete Berufstätige eine Herausforderung - wie sollte ein chinesischer Wanderarbeiter, der nicht lesen und schreiben kann, erst damit klarkommen?
Allerdings sind nationale Alleingänge natürlich nie wünschenswert; internationale Solidarität dagegen ist ein rares (allerdings, so hoffe ich, inzwischen vielleicht wieder etwas in Mode kommendes) Gut...
Es entsteht auch so schon ein gehöriger Druck. Gemäß einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiten
- 40 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland in Berufen, die nicht von der Digitalisierung betroffen sind
- 45 Prozent in Berufen mit einem mittleren Risiko, von einem Computer ersetzt zu werden
- 15 Prozent in einem Beruf mit einem hohen Risiko, aufgrund der Automatisierung den Job zu verlieren.
Aber ich glaube, das wäre hinzukriegen... ; )
Im Übrigen werden bei OPs längst Medizinroboter als Assistenzsysteme eingesetzt.
➥ Zur Petition Weiterentwicklung: Demokratie
➥ Das Prinzip Permanentes Plebiszit
We were all just hanging around waiting to die and meanwhile doing little things to fill the space.
Charles Bukowski